Mehr Menschlichkeit und mehr Geld für die Altenpflege
Landeskomitee der Katholiken verabschiedet Grundsatzerklärung
Kirchliche Seniorenarbeit stellt sich in Bayern auf einen Wandel ein
München, 24. März 2007 (ILK) Mehr menschliches Engagement und bessere finanzielle Leistungen für die wachsende Zahl pflegebedürftiger Menschen hat das Landeskomitee der Katholiken in Bayern gefordert. In einer an alle Entscheidungsträger in Kirche, Politik und Gesellschaft gerichteten Grundsatzerklärung, die die Vollversammlung des Landeskomitees am Samstag, 24. März, in München einstimmig beschlossen hat, heißt es, die Würde pflegebedürftiger Menschen verlange Zuwendung. Diese brauche Zeit. Alle müssten auch akzeptieren, dass menschenwürdige Pflege Geld koste. Dabei müsse ein ausgewogenes Verhältnis zwischen privater Vorsorge und gesellschaftlicher Solidarität gefunden werden.
Für die Einrichtungen und Dienste professioneller stationärer und ambulanter Pflege fordert das Landeskomitee eine optimale Organisationsstruktur, hohe Qualitätsstandards und einfühlsames Führungsverhalten. Dadurch würden auch die in Pflegeberufen tätigen Frauen und Männer für ihren Dienst dauerhaft motiviert. Von Trägern der Altenpflege-Einrichtungen erwartet das Landeskomitee, den Personalschlüssel und die Vergütungen so zu gestalten, dass eine menschenwürdige Pflege möglich sei. Altenpflegeberufe müssten durch geeignete Werbung als „ethisch und fachlich hoch stehender Dienst am Menschen“ herausgestellt werden. Eine Novellierung der Pflegeversicherung bleibe eine Schlüsselaufgabe der Politik.
Die Grundsatzerklärung wendet sich besonders an die Pfarrgemeinden, kirchlichen Verbände und Initiativen. Die seelsorgliche Begleitung Schwerstkranker und Sterbender in Alten- und Pflegeheimen wie auch in privaten Wohnungen müsse für die Pfarrgemeinden ein großes Anliegen sein. Sie werden in der Erklärung aufgefordert, die Kooperation mit Caritaszentren und Hospizvereinen zu suchen. Bereits heute stellten einige bayerische Bistümer dafür eine materielle und personelle Ausstattung zur Verfügung. Die professionellen Pflegekräfte in Altenheimen sollten durch Ehrenamtliche, wie Lern- und Pflegebegleiter, Hospizhelfer und Besuchsdienste, unterstützt werden.
Die kirchliche Seniorenarbeit müsse sich dem Wandel in der älteren Generation stellen. Dazu sei eine differenzierte Sicht des Alters notwendig, heißt es in der Erklärung. Ältere Menschen seien für Kirche und Gesellschaft ein großes Potential. In den Pfarrgemeinden suchten viele Senioren, was ihr Leben bereichere und viele seien auch bereit, ihre menschliche und fachliche Kompetenz einzusetzen. Das kirchliche Engagement für ältere Menschen müsse vorrangig die Verbindung der Generationen im Blick haben, nicht die Wahrnehmung von Partikularinteressen der Senioren. Gerade kirchliche Verbände, Einrichtungen und Räte seien in der Lage, auf verschiedenen Ebenen Projekte zu realisieren, die die Generationen verbinden.
Das Landeskomitee setzt sich dafür ein, dass die Seniorenseelsorge in den Pfarreien, Dekanaten und Regionen der bayerischen Bistümer durch Ernennung eigener Seniorenbeauftragter noch verbessert wird. Auch wird gezielt die Vernetzung aller Träger von Seniorenarbeit in Kirche und Kommunen angestrebt. Die Standards der einzelnen Fachstellen für Seniorenseelsorge und kirchliche Altenarbeit in den einzelnen Bistümern sollten angeglichen werden und durch das Zusammenwirken der Verantwortlichen von Altenseelsorge, Altenbildung, Altenhilfe und Altenpolitik eine einheitliche Struktur bekommen. Seit 1989 gibt es bereits ein Landesforum „Katholische Seniorenarbeit Bayern“. Das von der Freisinger Bischofskonferenz bestätigte Forum vertritt die Anliegen älterer Menschen in Kirche, Staat und Gesellschaft und fördert die Seniorenseelsorge, damit ältere Menschen selbstbestimmt und eigenverantwortlich ein sinnerfülltes Leben gestalten können. Auch setzt sich das Forum „für ein Alter in Würde bis zuletzt“ ein. (wr/ua)
Kirche bekommt Wandel des Alterns zu spüren
Religiosität und Kirchlichkeit im Alter nicht mehr selbstverständlich
Landeskomitee diskutiert kirchliche Seniorenarbeit im Wandel
München, 23. März 2007 (ILK) Der Wandel des Alterns in der heutigen Gesellschaft macht auch vor Religiosität und kirchlicher Praxis nicht halt. Wie die Pluralität von Lebensformen und Lebensläufen zunimmt, so gibt es auch eine Vielfalt religiöser Biographien. Dies ist das Fazit der Leiterin der Seniorenseelsorge im Erzbistum München und Freising, Marianne Habersetzer.
Bei der Frühjahrsvollversammlung des Landeskomitees der Katholiken in Bayern sagte die promovierte Theologin am Freitag, 23. März, in München, auch im Hinblick auf Religiosität und Kirchlichkeit sei der Wandel weit fortgeschritten, werde aber von der Seelsorge in den Pfarrgemeinden noch zu wenig beachtet. Unter der Frage „Auszug der Alten?“ befasste sich die Vollversammlung mit dem Wandel der kirchlichen Seniorenarbeit in den sieben bayerischen Diözesen. Den Delegierten liegt eine Erklärung zur kirchlichen Seniorenarbeit vor, über die am Samstag, 24. März, beschlossen werden soll.
Habersetzer sagte unter Hinweis auf Ergebnisse einer Studie der katholischen Fakultät der Universität Bonn, das Wissen über die Gestalt des Glaubens im mittleren und höheren Erwachsenenalter komme über Vorurteile kaum hinaus. In der Seelsorge werde zu wenig beachtet, dass auch Menschen im Alter sich ebenso in einem ständigen Wandel befänden wie solche in anderen Lebensphasen. Nur noch eine kleine Gruppe entspreche der traditionellen Vorstellung, dass Menschen mit zunehmendem Alter „frömmer“ würden.
Die Seniorenseelsorgerin warnte aber auch vor der Vorstellung eines generellen Verfalls oder einer Verdunstung von Religiosität. Diese gehe als solche häufig nicht verloren. Aber es zeige sich eine hohe religiöse Pluralität und eine Vielfalt in der Gestalt von Religiosität. Die jetzt nachwachsenden alten Menschen verstünden sich immer stärker als religiös Suchende. Langsam vergrößere sich auch die Gruppe derer, die sich als nicht religiös bezeichneten.
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Katholische Erwachsenenbildung in der Erzdiözese München und Freising, Salesianerpater Alfons Friedrich SDB, machte statistische Angaben. Danach kommt ein Großteil der mit der Kirche verbundenen Katholiken aus der Schicht der Senioren. Unter den 60-jährigen und älteren praktizierenden Katholiken fühlten sich noch 41 Prozent mit der Kirche eng verbunden. Diese Zahl nehme allerdings ab, so dass gefragt werden müsse, wie sich die Pfarrgemeinden vor Ort auf ältere Menschen einstellten.
Friedrich sieht auch Glaubensinhalte der Kirche zunehmend „verschwimmen“. Nur noch 56 Prozent der Katholiken seien von einem Leben nach dem Tod überzeugt, 41 Prozent glaubten an eine Auferstehung, an eine Wiedergeburt, die mit der Lehre der Kirche nicht übereinstimmt, 26 Prozent. Auffällig sei, dass Gruppen mit einer starken Affinität zur Kirche sich im Rückgang befänden. Der mit dem Problem Alter und Gesundheit befasste Wirtschaftsjournalist und Autor Erik Händeler sieht neue Chancen der Kirche. Nachhaltiger Lebensstil, körperliche und seelische Gesunderhaltung sowie menschliche soziale Strukturen seien Stärken der christlichen Glaubenswelt und Kompetenzen der Gemeinden, meinte er.
Angaben zu Aktivitäten in der Altenseelsorge in den bayerischen Bistümern machte der Altenseelsorger des Bistums Augsburg, Diakon Robert Ischwang. Danach gibt es in Bayern mehr als 2.700 Seniorenkreise, in denen sich rund 100.000 ältere Menschen regelmäßig treffen. Die Seniorenarbeit in den 4.000 katholischen Pfarrgemeinden werde fast ausschließlich von Freiwilligen geleistet und gestaltet. Die Altenheimseelsorge gewinne zunehmend an Bedeutung. So habe beispielsweise das Erzbistum München und Freising dafür 56 Planstellen eingerichtet. Auch die Zahl der Beauftragten für Senioren in den Pfarrgemeinderäten wachse stetig. 187 gebe es derzeit im Bistum Augsburg, im Erzbistum München und Freising 399. (wr)
Katholiken planen familienpolitischen Vorstoß
Landeskomitee der Katholiken richtet Runden Tisch ein
Vorsitzender Mangold zu Donum Vitae und zu kirchlichen Medienplänen
München, 23. März 2007 (ILK) Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern plant einen Vorstoß in der Familienpolitik. Bereits im Mai soll ein „Runder Tisch Kinder- und Familienförderung“ eingerichtet werden. Dies kündigten zum Auftakt der Frühjahrsvollversammlung des Landeskomitees am Freitag, 23. März, der Vorsitzende Helmut Mangold und seine Stellvertreter Gisela Häfele und Joachim Unterländer in München vor der Presse an.
Der Runde Tisch soll die bereits vorhandenen vielfältigen Förder- und Unterstützungsansätze von Bund, Ländern und Gemeinden wie auch die intensiven Leistungen der katholischen Kirche für Familien mit Kindern besser bekannt machen und nach Möglichkeit koordinieren, sagte Unterländer, der auch Mitglied des Bayerischen Landtages ist. Er sprach sich für eine bessere Anerkennung der Erziehungszeiten auf die Rente aus. Insbesondere müssten die Beträge deutlich angehoben werden. Dafür werde das Landeskomitee politisch aktiv werden, sagte er.
Frau Häfele, die auch den Vorsitz im Landesverband Bayern der Katholischen Elternschaft Deutschlands (KED) führt, sagte zur Diskussion über Kinderkrippen, es werde ständig über Wahlfreiheit von Eltern gesprochen, politisch realisiert werde sie jedoch nicht. Der Blick der Politik sei allein auf berufstätige Frauen gerichtet. Um Wahlfreiheit tatsächlich zu ermöglichen, sollte die Politik auf die Stimme der Kirche hören und die politische Diskussion entsprechend versachlichen. Sie forderte ein Erziehungsgehalt für alle, die Kinder erziehen. Dann könnten Eltern selbst entscheiden, ob sie mit dem Geld die Betreuung ihrer Kinder finanzieren oder diese Betreuung allein leisten wollten.
Landeskomitee-Vorsitzender Mangold sagte, Ehe und Familie blieben ein zentrales Thema des Katholikengremiums. Das Landeskomitee habe sich gegen das von Bundesfamilienministerin von der Leyen propagierte Elterngeld ausgesprochen, weil es wohlhabende Familien deutlich fördere, ärmere, insbesondere auch Alleinerziehende, aber erheblich benachteilige. Im Sinne seiner kürzlich veröffentlichten Grundsatzerklärung wolle das Landeskomitee, dass Politik und Gesellschaft in Deutschland „mehr Freiheit wagen für Eltern und Familien“.
Auf Fragen von Journalisten äußerte sich Mangold auch zu Presseveröffentlichungen über Briefe des Präfekten der Römischen Glaubenskongregation, Kardinal William Levada, zum Umgang mit dem privaten Verein Donum Vitae e.V. Das Landeskomitee könne und wolle zu Briefen nicht Stellung nehmen, die es nicht kenne und nicht über Ausschnitte aus Zeitungen diskutieren. Er könne sich vorstellen, dass das Landeskomitee in die vom Leiter des Katholischen Büros Bayern angekündigten Strategieüberlegungen einbezogen werde, die Motive und die Leistungen der von der katholischen Kirche außerhalb des staatlichen Beratungssystem geleisteten Schwangerenberatung besser bekannt zu machen. Die Briefe aus Rom wollten die Bischöfe offensichtlich „auf der Ebene des kirchlichen Amtes klären“, was er für sinnvoll halte.
Mangold warnte auch vor einer aus der Sicht des Landeskomitees falschen medienpolitischen Entscheidung der Kirche. Es gebe zurzeit massive Umstrukturierungspläne bei der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) und gleichzeitig offenbar ernsthafte Bestrebungen, einen bundesweit angelegten digitalen kirchlichen Fernsehsender aufzubauen. In einem der Presse dazu vorgelegten Bericht des Landeskomitees heißt es, ein Fernsehsender würde wohl nicht unter einem Jahresetat von 20 Millionen Euro zu betreiben sein. Bei der KNA dagegen verursachten Zuschüsse in Höhe von rund 3 Millionen Euro bereits unüberwindliche Probleme. Die Kirche solle ihren Nachrichtendienst in bewährter Weise pflegen anstatt Gelder in einen privaten Fernsehsender hineinzustecken, sagte Mangold. (wr)