Franz-Eser-Medaille für Barbara Stamm
Landeskomitee der Katholiken würdigt christlich motiviertes Engagement der Landtagspräsidentin
München, 1. April 2011. Barbara Stamm, Präsidentin des Bayerischen Landtags, ist vom Landeskomitee der Katholiken in Bayern mit der Franz-Eser-Medaille ausgezeichnet worden. Stamms Rolle als „soziales Gewissen in der Politik“ und ihr „ausgeprägtes Engagement für das Gemeinwohl“ seien gespeist „von einem christlich-biblischen Blick auf den Menschen, der den Wert und die Würde menschlichen Lebens trotz aller Unvollkommenheit schätzt“, heißt es in der mit der Medaille verliehenen Urkunde, die Stamm im Rahmen der Vollversammlung des Landeskomitees in Passau am Freitagabend, 1. April 2011, im Passauer Rathaus überreicht wurde. Die Franz-Eser-Medaille wird seit 2006 an Menschen vergeben, die sich um das Laienapostolat in Bayern besonders verdient gemacht haben.
Neben ihrem politischen Wirken – von der Kommunalpolitikerin über die Landtagsabgeordnete und Staatsministerin bis hin zur Landtagspräsidentin – gilt die Auszeichnung vor allem Stamms vielfältigem ehrenamtlichen Engagement: als Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, stellvertretende Vorsitzende des Würzburger Diözesancaritasverbands oder Vizepräsidentin des Familienbunds der Katholiken. In ihrem politischen wie in ihrem ehrenamtlichen Wirken gebe Stamm ein „beispielhaftes Zeugnis für den christlich motivierten Einsatz in einer zunehmend säkulareren Gesellschaft“, heißt es in der vom Vorsitzenden des Landeskomitees, Albert Schmid, unterzeichneten Urkunde. Eine besondere Würdigung erfährt mit der Auszeichnung das Engagement Stamms als Landesvorsitzende der Lebenshilfe Bayern. „Gerade angesichts der Debatte um die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik, die die Gefahren der Selektion von Menschen nach Maß und der Begrenzung des Lebensrechts auf gesunde Menschen in sich birgt“, gewinne dieses Engagement „einen hohen Stellenwert“, wird die Auszeichnung Stamms begründet.
In seiner Laudatio würdigte der Vizepräsident des Bayerischen Landtags, Franz Maget, Stamm als einen Menschen, der sich „das Recht bewahrt, eine eigene und eine eigenständige Meinung zu haben und sie im Bedarfsfall auch zu äußern“. Maget hob Stamms Engagement für die Lebenshilfe hervor als „Ausdruck christlicher Wertschätzung der Menschen, die nicht Mitglieder der Schön-reich-fit-Gesellschaft sind, sondern mit Beeinträchtigungen verschiedenster Art zu kämpfen haben, die ihnen die Existenz erschweren“. Stamms Einsatz für die Bayerische Kinderhilfe Rumänien zeige zudem, dass sie „das Elend der Kinder als christlichen Auftrag begriffen und nach Kräften geholfen“ habe. Darin komme Stamms Überzeugung zum Ausdruck, „dass Solidarität der Kitt der Gesellschaft ist, dass soziale Not keine territorialen Grenzen kennt“.
Die Franz-Eser-Medaille wird von der Zeitschrift des Landeskomitees „Gemeinde creativ“ gestiftet und erinnert an den 1916 geborenen Mitbegründer der Katholischen Aktion in Bayern, der Vorläuferorganisation des Landeskomitees der Katholiken in Bayern. Auf Esers Bestreben geht auch die Gründung der Zeitschrift „Die lebendige Zelle“ (heute „Gemeinde creativ“) im Jahr 1958 zurück. Der 2002 verstorbene Physiker und Lehrstuhlinhaber an der Philosophisch-Theologischen Hochschule und späteren Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Passau, der sich Grenzfragen zwischen Naturwissenschaften und Theologie widmete, war zudem maßgeblich an der Gründung der Katholischen Akademie in Bayern im Jahr 1957 beteiligt. Seit 2006 wurden Alois Glück, Valentin Doering, Hildegard Leonhardt, Johanna Stützle und Bernhard Sutor mit der Franz-Eser-Medaille ausgezeichnet. (ck)
„Wir brauchen eine Werteorientierung in der Außenpolitik“
Vorsitzender des Landeskomitees der Katholiken für gleiche Maßstäbe in Innen- und Außenpolitik: Albert Schmid fordert gesamteuropäisches Engagement für Flüchtlinge
Passau, 2. April 2011. Eine stärkere Werteorientierung in der Außenpolitik hat der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Albert Schmid, am Samstag, 2. April, in Passau auf der Frühjahrsvollversammlung der Katholiken in Bayern angemahnt. Mit Blick auf den Libyenkonflikt sagte Schmid: „Die strikte Unterscheidung zwischen Außen- und Innenpolitik ist in einer globalen Welt überholt.“ Es dürften keine unterschiedlichen Maßstäbe in der Innenpolitik einerseits und der Außenpolitik andererseits gelten: „Es ist kein Ruhmesblatt für Europa, die neuen Flüchtlingsströme in die Hände von Berlusconi und Gaddafi zu legen.“ Im Sinne einer „Weltinnenpolitik“ müsse das Schicksal der Flüchtlinge ein Anliegen aller europäischen Staaten sein.
Auch die aktuellen innenpolitischen Debatten, etwa um die Atomenergie oder die Präimplantationsdiagnostik, bedürften eines breiteren ethischen Kontextes. Die so genannte Wissenschaftsgläubigkeit „kann nicht ohne ethisches Korrektiv bleiben“, sagte Schmid in seinem Bericht vor den Mitgliedern der Vollversammlung. Ausgehend von der ethischen Grundfrage „Darf man, was man kann?“ gehe es darum, einen Zusammenhang zwischen Naturwissenschaften, Theologie und Moral zu vermitteln.
Die Islamdebatte wertete Schmid als Chance, Religion gesellschaftlich wieder stärker ins Gespräch zu bringen, und als Möglichkeit, „Religion nicht auf etwas Privates zu reduzieren“. Eine notwendige interreligiöse Kommunikation verlange vor allem eine „sehr präzise Selbstverortung“. In diesem Zusammenhang lobte Schmid die „gesunde Laizität“ in Deutschland im Gegensatz zur aggressiven Laizität in Frankreich: „Wir haben gute Erfahrungen gemacht mit dem partnerschaftlichen Verhältnis von Staat und Kirche.“ Schmid kündigte die Gründung eines „gesellschaftspolitischen Clubs“ an, mit dem das Landeskomitee über den Kontakt mit Politikern, von Europaabgeordneten bis zum Kommunalpolitiker, „in die Gesellschaft hineinwirken“ wolle.
Erneut kritisch äußerte sich Schmid zur Ausrichtung des Zukunftsrats der Bayerischen Staatsregierung, der derzeit eine Vernetzung von Städten zu Leistungszentren ausgerichtet auf München favorisiere. „Wir legen größten Wert darauf, dass jeder Teilraum seine Aufwertung erfährt“, so Schmid: „Man muss auf die endogenen Kräfte in der Vielfalt unserer Regionen setzen.“ Zudem plädierte Schmid für eine Weiterentwicklung von Kriterien für ein Familien- oder Ehegatten-Splitting, das der Vielfalt gegenwärtiger Familienmodelle gerecht werde. Der entsprechende Sachausschuss des Landeskomitees erarbeite derzeit ein Konzept, „das kein Familienmodell ins Unrecht setzt“. Mit einer familienfreundlichen Steuerpolitik gelte es, von einer reinen Objekt- hin auch zu einer Subjektförderung in der Familienpolitik zu kommen. Es gelte, nicht nur Betreuungseinrichtungen, sondern vor allem auch Menschen zu fördern.
Angesichts der hohen Kirchenaustrittszahlen im vergangen Jahr verlangte Schmid, im Sinne einer „pastoralen Nachsorge“ auf jene zuzugehen, die sich für einen Austritt entschieden haben, und nach den Gründen zu fragen. Möglichen Enttäuschungen müsse man mit seelsorglichen Konzepten begegnen und damit versuchen, Vertrauen zurückzugewinnen.
Zur innerkirchlichen Diskussion erklärte Schmid: „Meine persönliche Meinung ist: Wir haben es mit einer zunehmenden Gottvergessenheit zu tun, mit einer Glaubenskrise.“ Von einzelnen Äußerungen abgesehen sieht Schmid die Kirche nicht von einem militanten Atheismus bedroht, sondern vielmehr von einer Gleichgültigkeit, einer „Glaubensverdunstung“. In der aktuellen Debatte mahnt Schmid eine genauere Unterscheidung an: „Wir brauchen sehr viel sorgfältigere Differenzierungen: In einem Satz Homosexualität und wiederverheiratete Geschiedene abzuhandeln, wird beiden Personengruppen nicht gerecht.“ Das gleiche gelte für Fragen der Liturgie, die differenzierter behandelt werden müssten. Die Gespräche müssten vor allem mit „Respekt, mit gegenseitigem Vertrauen und in Vertraulichkeit“ geführt werden. (ck/kbr)
„Bildung mit Blick auf den ganzen Menschen“
Landeskomitee der Katholiken: Wissen nicht auf wirtschaftliche Verwertbarkeit reduzieren
Passau, 2. April 2011. Eine ganzheitlich ausgerichtete Bildung anstatt wettbewerbsorientierter Kompetenzvermittlung fordert das Landeskomitee der Katholiken in Bayern. „Schulische Bildung muss den Menschen in seiner Gesamtheit, als Ebenbild Gottes in den Blick nehmen, deshalb darf sie nicht auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit reduziert werden“, heißt es in der Erklärung „Schulische Bildung – Christliche Orientierungen“, die die Mitglieder des Landeskomitees zum Abschluss ihrer Frühjahrsvollversammlung in Passau am Samstag, 2. April, verabschiedeten. Zuvor hatten sie sich im Rahmen eines Studienteils bei Referaten und einer Podiumsdiskussion mit dem Thema Bildung auseinandergesetzt.
Es gehe „nicht darum, alle Potentiale eines Menschen auszuschöpfen und ihn damit wirtschaftlich verwertbar zu machen“, betonte Gisela Häfele, Stellvertretende Vorsitzende des Landeskomitees und Leiterin der Vorbereitungsgruppe für den Studienteil, in ihrem Impulsreferat: „Junge Menschen brauchen mehr als Kompetenz – sie brauchen auch Sinnorientierung. Kinder und Jugendliche müssen sich umfassend mit der Welt auseinandersetzen können. Die Kernfrage christlicher Bildung lautet: Wie kann Leben gelingen?“ Antworten auf diese Frage zu geben, sei „nicht nur Aufgabe des Religionsunterrichts. Auch in allen anderen Fächern müssen diese Fragen und Aspekte ihren Ort finden“. Mit Blick auf die anstehende Lehrplanreform in Bayern, die noch in diesem Jahr mit der Entwicklung von so genannten Kompetenz-Modellen für die Grundschule beginnt, verlangte Häfele: „Die Lehrpläne müssen mit Inhalten gefüllt werden, die mit allgemein verbindlichen Werten in allen Fächern übereinstimmen. Die Bayerische Verfassung beschreibt diese Werte, die christlich geprägt sind.“
Andreas Verhülsdonk, Referent im Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz für Religionspädagogik, erinnerte in seinem Vortrag an „das Wissen und die Kompetenzen, die Jugendliche in der kirchlichen Jugendarbeit, in Umwelt- und Menschenrechtsgruppen, in den Jugendorganisationen der Parteien oder in Sportvereinen erwerben“, und beklagte eine „Engführung der Bildungsdebatte auf Schulen und Kindertageseinrichtugen und die Missachtung der außerschulischen Erziehung und Bildung“. Zugleich forderte Verhülsdonk, in der aktuellen Bildungsdebatte die Aufmerksamkeit auf die „15 bis 18 Prozent der Jugendlichen am unteren Ende der Leistungsskala“ zu lenken, damit auch diesen durch Bildung eine aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht wird.
Bei der anschließenden Podiumsdiskussion verwies Verhülsdonk darauf, dass der Religionsunterricht heute unter „gänzlich anderen Sozialisationsvoraussetzungen“ stattfinde: „Religionsunterricht ist für viele mittlerweile der erste und wichtigste Ort, an dem sie mit der Botschaft des Evangeliums in Berührung kommen.“ Dabei dürfe es nicht nur allein um die Vermittlung von Werten gehen, sondern in erster Linie um die Gottesfrage: „Ich glaube, dass wir mehr zu bieten haben als die Vermittlung von Werten. Die Kirche ist keine Bundesanstalt für Werte“. Verhülsdonk beklagte auch in der Eltern- und Großelterngeneration „eine verbreitete religiöse Sprachlosigkeit“. Demgegenüber betonte Michael Lindemann, Referent in der Abteilung Bildung bei der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, „Werte sind der Kitt, der vieles zusammenhält. Hier hat der Religionsunterricht einen entscheidenden Einfluss: Sinnhaftigkeit zu stiften“. Lindemann wehrte sich gegen den Vorwurf, die Wirtschaft fördere einen rein funktionalen Bildungsbegriff. Vielmehr brauche auch die Wirtschaft „Persönlichkeiten, die Werteorientierung haben, die geerdet sind, sich am Gemeinwohl orientieren: Wir brauchen keine hemmungslosen Individualisten, sondern Teamplayer“. Dazu müsse sich die Schule dem Umfeld – den Kirchen, den Vereinen, den Verbänden – öffnen, wie umgekehrt auch das Umfeld den Schulen.
Elfriede Ohrnberger, Abteilungsleiterin für Grundsatzfragen im Bayerischen Kultusministerium, forderte, Schulunterricht dürfe „nicht nur Wissen und Können vermitteln“, sondern müsse „auch Herz und Charakter bilden.“ Deshalb dürfe „Schule sich nicht auf das reduzieren, was messbar ist“, sondern müsse „einen ganzheitlichen Bildungsbegriff bestmöglich umsetzen“, zumal die Schule heute verstärkt Grundregeln des Zusammenlebens vermitteln müsse, da immer mehr Eltern ihren Erziehungsauftrag nicht wahrnehmen könnten oder wollten. Michael Griesbeck, Vizepräsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, erklärte, gerade Migranten seien darauf angewiesen, zu wissen, auf welcher Grundlage die Gesellschaft, in die sie kommen, ruhe: „Migranten wollen wissen, wofür wir stehen.“ Hier sei Bildung als „Vermittlung von dem, was unsere Gesellschaft ausmacht“, von entscheidender Bedeutung: „Bildung befähigt zur Identifikation mit dieser Gesellschaft.“
In ihrer abschließenden Erklärung unterstreichen die Mitglieder des Landeskomitees, dass schulische Bildung Kinder und Jugendliche zu mitmenschlichem Handeln befähigen und ihnen ermöglichen solle, ihr Leben sinnvoll zu gestalten. Schulische Bildung sei „nicht nur Wissens- oder Kompetenzerwerb, sondern hat immer auch einen Wertehorizont, der die ganze Person betrifft.“ Deshalb brauche es für alle Fächer Lehrpläne mit Inhalten, die mit allgemein verbindlichen Werten übereinstimmen. Hierbei müssten insbesondere die Obersten Bildungsziele, wie sie in Artikel 131 der Bayerischen Verfassung formuliert sind, Berücksichtung finden. Diese Ziele seien christlich geprägt, aber allen Menschen gleichermaßen zugesichert.
Ein besonderes Augenmerk lenken die Mitglieder des Landeskomitees auf die Beziehungen zwischen Lehrern, Schülern und Eltern. Da schulische Bildung respektvolle und tolerante Beziehungen voraussetze, müssten die Lehrer „Vorbild und als ganzer Mensch den Schülern ein Gegenüber“ sein. Dies gelte nicht nur für Religionslehrer, sondern für Lehrkräfte aller Fächergruppen. Zugleich brauche es zwischen Lehrern und Eltern einen „Dialog auf Augenhöhe“, insofern die Familie als erste Institution der Bildung für Kinder zu betrachten sei. „Schulische Bildung kann nur gelingen, wenn sich Schüler, Lehrer und Eltern respektvoll begegnen und dabei das Wohl sowie die Interessen des Kindes im Blick bleiben.“ (ck/kbr)