Ökologische Gewissenserforschung zum Klimawandel
Landeskomitee der Katholiken im Selbst-Test über CO2-Ausstoß
„Fingerabdruck des Menschen“ schon jetzt in der Natur sichtbar
Passau, 10. November 2007 (ILK) Ihrem Studientagung zum Klimawandel am 9. und 10. November in Passau hatten die Delegierten des Landeskomitees der Katholiken in Bayern eine persönliche Öko-Bilanz als eine Art ökologischer Gewissenserforschung vorgeschaltet. Die Delegierten hatten dazu angegeben, ob sie mit Auto oder Bahn, ob als Einzelne oder als Mitfahrer anreisten und wie viele Kilometer sie dabei zurücklegten. Diese Angaben wurden nach einem von dem evangelischen Hilfswerk „Brot für die Welt“ herausgegebenen Emissions-Rechner auf die bei der An- und Abreise entstehende Belastung mit CO2 berechnet.
Von den 66 Delegierten und Teilnehmern der Vollversammlung reiste je die Hälfte mit dem Auto oder mit der Bahn an. Es wurden insgesamt 10.900 Autokilometer und 11.000 Bahnkilometer zurückgelegt. Dafür wurde ein CO2-Ausstoß von 2,1 Tonnen errechnet. Würde jeder Teilnehmer entsprechend dem verursachten CO2-Ausstoß einen ausgleichenden Beitrag für ein Klimaschutzprojekt zahlen müssen, hätte er 83 Cent zu bezahlen. Bei der Kollekte während eines Gottesdienstes, den der Bischof von Passau, Wilhelm Schraml, mit den Teilnehmern der Herbstvollversammlung des Landeskomitees feierte, wurde ein Betrag von 310 Euro gesammelt. Das Geld wird für ein Aufforstungs-Projekt in der ecuadorianischen Diözese Riobamba verwendet, wo durch unkontrolliertes Abholzen von Waldungen Schäden entstanden sind.
Der „Fingerabdruck des Menschen“, messbar an den Auswirkungen verstärkter Treibhauseffekte, sei bereits in der Natur nachzuweisen, hatte die Professorin für Ökoklimatologie an der Technischen Universität München, Annette Menzel, festgestellt. Die Erhöhungen der Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre ließen sich nahezu ausschließlich auf menschliche Aktivitäten zurückführen. Bereits jetzt würden weltweit vielfältige Klimaveränderungen beobachtet, deren größter Teil menschlichen Aktivitäten zuzuordnen sei. Der Ordinarius für christliche Sozialethik an der Universität München, Professor Markus Vogt, sagte, diese Fakten müssten mit menschlichen Schicksalen verbunden werden. Es sei mit eine Aufgabe der Kirche, insbesondere engagierter katholischer Laien, dass diese Botschaft „gehört wird und ankommt“. Vogt sagte, um die Probleme lösen zu können, müssten die Leitwerte des Wohlstandes in den Industrienationen verändert werden. Es werde weltweit gewaltige Verwerfungen und Konflikte geben, die vor allem auch das Wohlstands- und Anspruchsdenken und das Konsumverhalten in Frage stellten. „Gerechtigkeit für alle“, eine „Botschaft der Hoffnung“, müsse dennoch im Blick bleiben.
Der neue Beauftragte der Freisinger Bischofskonferenz für das Landeskomitee, der Augsburger Domkapitular Bertram Meier, sagte, den Redebeiträgen müssten auch „Lebensbeiträge“ folgen. Nicht Börsenkurse und Bilanzbücher der Wirtschaft könnten die Welt retten, sondern Menschen, die sich als Treuhänder der Schöpfung verstünden. Bischof Schraml dankte bei dem Gottesdienst den Mitgliedern des Landeskomitees für ihr Engagement. Bei allem Einsatz müsse aber Jesus Christus als der Mittelpunkt der Kirche wahrgenommen werden. Dies sei der bedeutendste Beitrag des Christentums zur Vermenschlichung der Welt. (wr/ua)
Klimawandel fordert neuen Lebensstil
Anders mit Energie, Lebensmitteln und Mobilität umgehen
Landeskomitee der Katholiken gibt gesellschaftliche Impulse
Passau, 10. November 2007 (ILK) Mit einer Erklärung zum Klimawandel („Klima wandelt – sich, die Welt und uns“) will das Landeskomitee der Katholiken in Bayern gesellschaftliche Impulse für einen neuen Lebensstil geben. In der mit großer Mehrheit am Samstag, 10. November, in Passau von der Vollversammlung des obersten katholischen Laiengremiums in Bayern beschlossenen Erklärung werden die Bürger ausdrücklich ermutigt, sich den konkreten Herausforderungen des Klimawandels zu stellen. Sie sollten nachhaltige Lebensstile entwickeln und besonders beim Umgang mit Energie, beim Kauf von Lebensmitteln und in der Ernährung sowie in der Mobilität neue Wege gehen. In den dem Landeskomitee angeschlossenen Räten, Verbänden und freien Initiativen in den sieben bayerischen Diözesen soll ein Dialogprozess zum Klimawandel in Gang gebracht werden.
Die Erklärung sieht ökonomische, ökologische und soziale Vorteile, wenn umgehend auf die Herausforderung reagiert werde. Eine Änderung der politischen Rahmensetzungen, gelebter Wertewandel und nachhaltige Lebensstile müssten aber „Hand in Hand gehen“. Der dringendste Handlungsbedarf liege im Bereich der Energie. So bestünden beispielsweise große Chancen zur Energieeinsparung im Heizverhalten, in der Wärmeisolierung von Häusern, in neuen, umweltschonenden Heizsystemen, Beleuchtungen sowie bei der Verwendung sparsamer Elektrogeräte, auch von Mobiltelefonen und Computern. Eine zukunftsfähige Energieversorgung müsse eines der Kernziele der Klimaschutzpolitik in Deutschland sein. Zur Kernenergie heißt es in der Erklärung lediglich, die Perspektiven für die Entwicklung, Nutzung und Sicherheit müssten „von allen Seiten geprüft werden“.
Beim Kauf von Lebensmitteln und in der Ernährung wird in der Erklärung empfohlen, auf Produkte aus regionaler und ökologischer Erzeugung zurückzugreifen und saisonales Gemüse und Obst aus Freilandhaltung zu bevorzugen. Auf fair gehandelte Produkte, die Kleinbauern in Entwicklungsländern gerechte Preise garantierten, solle geachtet werden. Ausdrücklich zielt die Erklärung auf einen Wandel in der Mobilität. So spricht sich das Landeskomitee für ein „Tempolimit und den konsequenten Ausbau von Verkehrsleitsystemen auf Autobahnen“ aus. Von der Autoindustrie wird gefordert, die Entwicklung schadstoffärmerer Fahrzeuge voranzutreiben. Die Nutzung des Autos sollte grundsätzlich auf das Notwendige beschränkt werden. Dem Flugverkehr wird angelastet, „wesentlich“ zur Umweltbelastung beizutragen. Daher müsse auf europäischer Ebene Flugbenzin so rasch wie möglich besteuert werden. Bei innerdeutschen Flügen solle es eine gesonderte Abgabe auf das verbrauchte Flugbenzin geben. Jeder Fluggast, so das Landeskomitee, stehe selbst in der Verantwortung, Flüge auf das notwendige Minimum zu beschränken.
Votum zu Plänen für 3. Start- und Landebahn des Flughafens München
Die Vollversammlung hatte auch über einen Antrag des Diözesanrates der Katholiken im Erzbistum München und Freising zu befinden. Danach sollte sich das Landeskomitee den vom Diözesanrat formulierten „Bedenken gegen den geplanten Bau einer 3. Start- und Landebahn“ des Flughafens München anschließen. Die Delegierten entschieden sich mehrheitlich dafür, alle Verantwortungsträger darum zu bitten, „in ihren Entscheidungen auch die Belange des Klimaschutzes und entsprechende Einwände von Kommunen, Bürgerinitiativen und kirchlichen Gruppen in der Flughafenregion zu berücksichtigen“. Das Präsidium des Landeskomitees solle diese Position gegenüber der Politik und der Flughafen GmbH vertreten und die weitere Entwicklung aufmerksam begleiten. (wr/ua)
Familienpolitische Forderung des Landeskomitees der Katholiken:
Eltern, die ihre Kinder selbst erziehen, brauchen finanziellen Ausgleich
Passau, 9. November 2007 (ILK) In der öffentlichen Auseinandersetzung um das sogenannte Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kleinkinder bis zum dritten Lebensjahr im eigenen häuslichen Umfeld erziehen wollen, hat jetzt das Landeskomitee der Katholiken in Bayern deutlich Position bezogen. Zum Auftakt der Herbstvollversammlung des Landeskomitees erklärte dessen Vorsitzender Helmut Mangold am Freitag, 9. November, vor der Presse in Passau, es gebe keinen ausreichenden Grund dafür, den etwa zwei Dritteln aller Eltern, also einer deutlichen Mehrzahl, die ihre Kleinkinder selbst erziehen wollten, „keinen finanziellen Ausgleich für ihre Arbeit zu gönnen“.
Über die Höhe des Betreuungsgeldes müsse noch intensiv gesprochen werden, sagte Mangold und forderte einen früheren Zeitpunkt als den jetzt angegebenen im Jahr 2013. Wörtlich sagte der Vorsitzende des Landeskomitees: „Gerade in Zeiten, in denen noch kein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz besteht, sollte den Eltern eine Entschädigung gegeben werden, die keinen Krippenplatz bekommen, weil es eben in ihrem Umfeld keine ausreichende Zahl von Krippenplätzen gibt.“ Zu Warnungen von Politikern vor einer möglichen missbräuchlichen Nutzung des Betreuungsgeldes sagte Mangold, es dürfte letztlich dann auch kein Kindergeld mehr ausgezahlt werden. Es sei verwunderlich, dass Politiker, die den Wert der Entscheidungsfreiheit sonst über alles stellten, in dieser Frage Eltern lieber bevormunden wollten.
Mangold sprach sich auch für eine höhere Rente für erziehende Familienmütter aus und verlangte „eine deutliche Aufwertung und Anerkennung ihrer gesellschaftlichen Leistungen“. In diesem Zusammenhang verwies er auf entsprechende Rentenmodelle der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und ein von der Deutschen Bischofskonferenz bereits angekündigtes Modell zu einer „familienorientierten Alterssicherung“. An der breiten familienpolitischen Diskussion wolle sich das Landeskomitee mit dem von ihm eingerichteten „Runden Tisch Kinder- und Familienförderung“ beteiligen. Nach einer generellen Bestandsaufnahme aller katholischen Institutionen in diesem Bereich sei als erster Schwerpunkt die Tagespflege durch Tagesmütter gewählt worden. Für kirchliche Organisationen, etwa auch für die Caritas, könne sich mit „Tagesmütternetzen“ nach Meinung Mangolds „ein breites Betätigungsfeld als Ergänzung zu kirchlichen Kinderkrippen öffnen“.
Absage an Forschung mit embryonalen Stammzellen
Zu aktuellen Fragen der Bioethik und Stammzellforschung bekräftigte der Vorsitzende des Landeskomitees seine bereits mehrfach geäußerte Auffassung. Statt mit embryonalen Stammzellen, die durch Tötung menschlicher Embryonen gewonnen werden, zu forschen, plädierte er für eine ethisch unbedenkliche Forschung mit adulten Stammzellen. Diese Forschung sollte zu einem spezifisch deutschen Schwerpunkt gemacht werden. Eine medizinische Anwendung gebe es bisher praktisch ausschließlich mit adulten Stammzellen. Inzwischen werde auch eingeräumt, dass die Verwendung embryonaler Stammzellen im wesentlichen nur als Vergleichsmaßstab gebraucht werde. Es sei zu bezweifeln, dass dies die Zerstörung menschlichen Lebens rechtfertige.
Scharfe Kritik an Aushöhlung des Sonntags und kirchlicher Feiertage
Scharf kritisierte Mangold sich häufende Ausnahmegenehmigungen für von ihrem Charakter her eigentlich ungeeignete Veranstaltungen an staatlich geschützten kirchlichen Feiertagen. Namentlich erwähnte er den MTV-Music Award, den die Stadt München in der Olympiahalle der Landeshauptstadt am Allerheiligentag dieses Jahres erlaubt hatte und in den Allerheiligentag hinein ausufernde Halloween-Partys, die kürzlich in Nürnberg von einer Mehrheit des Stadtrates gestattet worden seien. Vermehrt würden auch Ausnahmen für verkaufsoffene Sonntage gewährt. Durch die Verlagerung der Verantwortung auf die Bundesländer ergieße sich „eine Welle neuer Verkaufssonntage über das Land“. Mangold appellierte an die Staatsregierung und an den Bayerischen Landtag, schlechten Beispielen nicht zu folgen und, wie das Land Baden-Württemberg, die Obergrenze für verkaufsoffene Sonntage merklich zu reduzieren. (wr)