Als Landeskomitee der Katholiken verfolgen wir mit Sorge die aktuell wieder aufgeflammten Diskussionen um den §218 StGB. Es besteht weder aus inhaltlicher noch aus rechtlicher Sicht Anlass, an den bisherigen Regelungen etwas zu verändern. Die geltende Kompromisslösung trägt nach wie vor und darf nicht ohne Not aufgegeben werden. Die verpflichtende Beratung gewährleistet eine selbstbestimmte Entscheidung, die frei von äußeren Interessen getroffen werden kann und berücksichtigt das zentrale Recht des ungeborenen Kindes. Wir sprechen uns daher klar für die Beibehaltung der aktuell gültigen Beratungsregelung aus. In dieser sehen wir einen wirksamen Schutz der Selbstbestimmung der Frau und des ungeborenen Lebens. Gleichzeitig leistet die aktuelle Regelung einen wesentlichen Beitrag zum sozialen Frieden in unserer Gesellschaft.
Das ungeborene Leben entwickelt sich nicht erst zum Menschen, sondern es entwickelt sich als Mensch. Die Frage des §218 StGB beinhaltet ein grundsätzlich unlösbares Dilemma, da die Rechte der Frau und die des ungeborenen Kindes untrennbar verbunden und gleichermaßen zu berücksichtigen sind. Jede Veränderung durch den Gesetzgeber muss beiden Rechtsgütern gerecht werden.
Deshalb ist aus unserer Sicht die Verortung im StGB – und damit verbunden die verpflichtende Beratung – geboten. Sie unterstützt eine selbstbestimmte Entscheidung und eröffnet die Chance, in einer kritischen Lebensphase professionelle Hilfe und Begleitung zu erfahren. Die Pflicht zur Beratung ist keine Diskriminierung. Im Gegenteil, sie zeigt konkrete Unterstützungsleistungen und Möglichkeiten auf und hilft damit Frauen in einer emotional und psychisch äußerst schwierigen Situation, in der es gilt, nicht nur Entscheidungen für sich selbst, sondern auch für das ungeborene Kind zu treffen. Wir Christinnen und Christen sehen uns in einer doppelten Anwaltschaft für die schutzwürdigen Belange der Frau und des Kindes.
Die Bundesregierung hat eine Kommission eingesetzt, welche über die Zukunft des §218 StGB beraten soll. Dass unter den 18 Expertinnen und Experten aus Medizin, Recht und Ethik keine Vertreterin bzw. kein Vertreter der christlichen Kirchen einberufen wurde, bedauern wir sehr. Als Kirche haben wir große Kompetenz, wenn es um Fragen der Ethik, des Lebensschutzes und der Hilfe für die Betroffenen geht. Wir erwarten, dass diese Kompetenzen anerkannt und gehört werden.
Wenn über rechtliche Neuregelungen des §218 StGB debattiert wird, sollte ebenfalls über den Ausbau von Hilfen und Unterstützungsangeboten für die betroffenen Frauen und Männer nachgedacht werden – egal ob sie sich für oder gegen das Kind entscheiden. Es müssen gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen diskutiert werden, die Kinder zum Armutsrisiko machen, vor allem für Alleinerziehende. Wir setzen uns dafür ein, Aufklärung, Zugang zu Verhütungsmitteln und exzellenter Gesundheitsfürsorge und Geburtsbegleitung für Frauen so leicht wie möglich zu machen. Es braucht erweiterte Sexualaufklärung an Schulen. Es braucht außerdem ein entschiedenes Veto gegen sexuell übergriffiges Verhalten von Männern. Und es braucht ein Eintreten gegen Meinungen, die gute Schwangeren- und Geburtsbegleitung für entbehrlichen Luxus halten und die für Alleinerziehende samt Kindern ein Leben in Armut in Kauf nehmen.
Vom Präsidium des Landeskomitees einstimmig beschlossen, 30. Oktober 2023
Beitragsbild: garrifrotto / Adobe Stock
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von docs.google.com zu laden.