Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „zur Förderung der Integration im Freistaat Bayern“ vom 6. Dezember 2001
Mit dem Gesetzentwurf „zur Förderung der Integration im Freistaat Bayern“ vom Dezember letzten Jahres legt die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen ein buntes Sammelsurium an Wünschen vor, dem weithin ein brauchbares Gesamtanliegen fehlt. Bereits im Problemaufriss des Gesetzentwurfs wird deutlich, dass hier das Pferd von hinten aufgezäumt wird: Es ist nicht notwendig, die Zuwanderung auf ein höheres Maß als bisher zu steigern, um dann begründen zu können, dass die erhöhte Zuwanderung Probleme bei der Integration dieser Menschen schaffen wird. Das gilt um so mehr als längst erwiesen ist, dass wir durch Zuwanderung unsere eigenen Bevölkerungsprobleme nicht lösen können.
Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern sieht vielmehr den Bedarf an gesetzlich festgelegten, obligatorischen Integrationsmaßnahmen für ausländische Mitbürger bereits heute gegeben und nicht erst dann, wenn eine möglicherweise erhöhte Zuwanderung zu verzeichnen wäre. In einem Zuwanderungsgesetz müssten hierfür Regelungen getroffen werden. Dazu ist ein Integrationsprogramm notwendig, das die deutsche Bevölkerung viel stärker mit einbezieht und nicht einseitig auf die Interessen der Zuwanderer ausgerichtet ist.
Im Gesetzentwurf der Landtagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünen wird als durchgehendes Ziel ein überbordend ausgeprägter Schutz von Minderheiten, gleich welcher Art, angestrebt. Wir machen deshalb auf drei grundsätzliche Schwächen im Gesetzentwurf aufmerksam, ohne auf alle Details eingehen zu wollen und zu können:
1. Mit der Forderung nach einem neuen Pflichtfach „Interreligiöser Unterricht“ wird das demokratische Mehrheitsprinzip unseres Staates auf den Kopf gestellt.
- Wenn in Bayern weit über 80 Prozent der Bevölkerung einer der beiden großen christlichen Konfessionen angehört und wenn gleichzeitig die Kinder dieser Familien zu über 90 Prozent den konfessionellen Religionsunterricht besuchen, dann wird schlaglichtartig die Absurdität dieser Idee deutlich.
- Ein Pflichtfach „Interreligiöser Unterricht“ würde sogar die Mehrheit der Zuwanderer selbst ablehnen, wie Untersuchungen belegen.
- Sinnvoll sind stattdessen Bemühungen, einen islamischen Religionsunterricht unter Aufsicht der zuständigen Behörden und unter Achtung unserer rechtsstaatlichen Normen dort einzurichten, wo echter Bedarf besteht.
- Die Beteuerungen, den Religions- und Ethikunterricht als „Wahlpflichtfach“ beibehalten zu wollen, entlarven sich rasch als scheinheiliges Gerede. Niemand wird diese Doppelgleisigkeit religiöser Erziehung auf Dauer finanzieren wollen und können, vor allem nicht die Grünen. Letztlich würde mit der Forderung der Grünen der in Bayern seit langer Zeit gewohnte konfessionelle Religionsunterricht abgeschafft werden.
2. Die Forderungen von Bündnis 90/ Die Grünen, die sich auf Änderungen in Artikel 7 des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes (BayEUG) beziehen, laufen auf eine Reduzierung der christlichen Prägung Bayerns hinaus.
- So würde der beabsichtigte generelle Verzicht auf Schulkreuze in Klassenzimmern der Volksschulen auf kaltem Weg die christlichen Bezüge in unserem Schulwesen beseitigen. Die Grünen übersehen dabei jedoch, dass die meisten Kinder – übrigens auch der Zuwanderer – geradezu nach einer profilierten Wertorientierung verlangen. Und dazu gehören nun einmal auch Symbole des Glaubens.
- Die bestehende gesetzliche Regelung in Artikel 7, Absatz 3 des BayEUG darf deshalb angesichts der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns keinesfalls ausgehebelt werden.
3. Gerade iIm sensiblen Bereich des Polizei- und Justizvollzugsdienstes sollen in einer Art Quotenregelung ausländische Bewerberinnen und Bewerber aufgenommen werden, entsprechend dem Ausländeranteil an der bayerischen Bevölkerung.
- Damit werden die derzeitigen Beamten im Polizei- und Justizvollzugsdienst unausgesprochen unter Generalverdacht gestellt, als ob sie würden ihren Dienst mit Ressentiments gegenüber ausländischen Mitbürgern ausübten.
- Alle ehemaligen Ausländer, die Deutsche im Sinne des Grundgesetzes geworden sind, haben je nach ihren fachlichen Fähigkeiten auch jetzt schon die Möglichkeit, sich für diesen Dienst zu bewerben.
- Eine Quotenregelung nützt hier niemandem,. dDas zeigen die vielfältigen Erfahrungen auch in anderen Bereichen.
Wir schreiben der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen ins Stammbuch: Toleranz gegenüber anders Denkenden hat nichts mit Beliebigkeit zu tun. Erst aus einem eigenen gefestigten Standpunkt heraus kann Toleranz geübt werden. Wer jedoch als Mitglied einer Volksvertretung der Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr das Recht zugesteht, das staatliche und gesellschaftliche Leben nach demokratischen Regeln zu gestalten, sondern Minderheitenschutz über die Rechte der Mehrheit stellt, der beginnt nicht nur, den demokratischen Rechtsstaat auszuhöhlen, sondern er gibt sich zudem der Lächerlichkeit preis.
Es musste folgerichtig bei dem Versuch von Bündnis 90/ Die Grünen bleiben, zur Integration verschiedener Minderheiten beizutragen. Abgesehen davon, dass der Gesetzentwurf faktisch keine Chancen auf eine Verabschiedung hat, wirft er auch inhaltlich mehr Probleme auf, anstatt die bereits vorhandenen zu lösen. Um sich nicht dauerhaft selbst ins Abseits zu stellen, raten wir bliebeder Landtagsfraktion Bündnis 90/ Die Grünenzu, sich jetzt um ihre eigene Integration zu kümmern. Noch wäre es dafür nicht zu spät.
München, den 27. Februar 2002
Helmut Mangold, Vorsitzender des Landeskomitees der Katholiken in Bayern