Schmid übt massive Kritik an Flüchtlingspolitik
„Versagen seit Jahren“: Landeskomiteevorsitzender fordert neue Antworten auf Flüchtlingsproblematik
Regensburg, 24. April 2015. Massive Kritik an der europäischen und deutschen Flüchtlingspolitik hat Albert Schmid, Vorsitzender des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, geübt: „Wir können uns nicht mit dem jüngsten Gipfel zufriedengeben. Die europäische und die deutsche Politik haben seit Jahren erbärmlich versagt“, so Schmid bei einem Pressegespräch und in seinem Bericht bei der Vollversammlung des Landeskomitees am Freitag, 24. April, in Regensburg. So sei etwa „Frontex eine politische Abwehrmaßnahme, keine Hilfspolitik“ gewesen, sagte Schmid. Demgegenüber habe Papst Franziskus bei seinem Besuch der italienischen Insel Lampedusa mit einer „Eloquenz der Gestik“ neue „Bewegung in dieses Thema hineingebracht“.
Der Landeskomiteevorsitzende und ehemalige Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge unterbreitete in seinem Bericht einen Sieben-Punkte-Vorschlag für eine Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik. Dazu gehöre zunächst, dass Europa „bereits in Afrika in den Aufnahmelagern präsent sein“ und erklären müsse, „was geht und was nicht geht, um die Flüchtlinge vor Schleusern und Scharlatanen zu schützen“, erklärte Schmid. Dann müssten „ordentliche Wege“ benannt werden für verfolgte und bedrohte Flüchtlinge, die nach Europa wollten. Dagegen kritisierte Schmid es als „zynisch, die Transportmittel mit einem Militäreinsatz zu zerstören“. Des Weiteren forderte der Landeskomiteevorsitzende zum einen die Einführung von „EU-Verfahren“, zum anderen eine „EU-Lastenteilung“, die der Staatengemeinschaft als „Wertegemeinschaft“ gerecht würden. Die Dublin-Verordnungen seien schließlich „nicht in Stein gemeißelt“, so Schmid. Daneben brauche es eine „vernünftige Regelung der Einwanderung“ sowie „kräftige Anstrengungen für Integration in den Aufnahmeländern“, forderte Schmid. Und schließlich müssten sich die Staaten „aufraffen zu einer großen Aktion zur Bekämpfung der Armut in der Welt, der Ursache für Migration und Flucht“. Notwendig sei eine „Allianz für Fortschritt und Gerechtigkeit“, erläuterte Schmid und zitierte Papst Paul VI.: „Entwicklung ist das neue Wort für Frieden.“
Schmid erinnerte in diesem Zusammenhang auch an den vor 70 Jahren ermordeten Dietrich Bonhoeffer und variierte seine Aussage „Nur wer für die Juden schreit, kann auch gregorianisch singen“ mit den Worten: „Nur wer für Migranten, für Flüchtlinge, für verfolgte Christen schreit, der kann gregorianisch singen.“ Schmid verwies auf das breite Engagement in den bayerischen Diözesen für Flüchtlinge und die Eine Welt, wie auch eine aktuelle Umfrage des Landeskomitees belege: „Katholizität recht verstanden nimmt die Eine Welt in den Blick und überwindet regionale wie nationale Kategorien.“
Mit Blick auf die Energiewende in Bayern mahnte der Landeskomiteevorsitzende, „dass es kein Rollback geben darf“, an der Energiewende „muss festgehalten werden“. Bei den weiteren Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP gehe es darum „dass nicht nur materielle Standards gehalten werden, sondern vor allem, dass das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip nicht gefährdet werden“. Schließlich rief Schmid dazu auf, eine neue „Phantasie christlicher Hilfsbereitschaft“ zu entfalten, sich etwa stärker im Bereich der Straffälligen-Hilfe zu engagieren. Es gelte, „neue Wege zu gehen, nicht nur ein ,Weiter So´ zu verfolgen“. Hinsichtlich der Familiensynode im Herbst in Rom unterstrich Schmid die Notwendigkeit, „die Bedeutung der Ehe hervorzuheben, das Werbende und das Positive zu verdeutlichen“. Es gelte, die Unauflöslichkeit von Ehe zu unterstreichen und zugleich pastorale Antworten auf das Scheitern zu finden. (ck)