Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern fordert auf allen Ebenen eine klare Priorität für den Ausbau und die Qualitätssicherung der frühkindlichen Bildung. Mit den folgenden Thesen bringt sich das Landeskomitee als bayernweites Gremium der katholischen Laien in den aktuellen gesellschaftlichen und kirchlichen Diskussionsprozess ein. Trotz großer wirtschaftlicher und sozialer Herausforderungen sind zusätzliche finanzielle Investitionen notwendig, um die fachliche, materielle und personelle Ausstattung in der Kinderbetreuung zu sichern und auszubauen.
1. Finanzielle Ausstattung anheben
Die finanzielle Ausstattung durch das Bayerische Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz (BayKiBiG) muss aktuell den Kostensteigerungen der letzten Jahre angepasst werden. Diese Anpassung ist eine wesentliche Voraussetzung, um die Qualität der Betreuung aufrechtzuerhalten und dem steigenden Bedarf gerecht zu werden. Da die kindbezogene Förderung nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz (BayKiBiG) nur einen Teil der Gesamtkosten der Kita-Träger abdeckt – je nach Kita beträgt dies rund 60 Prozent der Betriebskosten – muss darüber hinaus in absehbarer Zeit der gesetzliche Part im Rahmen der derzeitigen Fördersystematik von derzeit etwa 60 auf insgesamt 90 Prozent erhöht werden.
2. Personalgewinnung, -bindung, -und -entwicklung voranbringen
Es bedarf einer umfassenden Initiative zur Gewinnung, Bindung und Entwicklung von Fachkräften in der frühkindlichen Bildung. Die finanziellen Rahmenbedingungen für Erzieherinnen und Erzieher, Sozialpädagoginnen und weiteres Betreuungspersonal sind in den vergangenen Jahren bereits massiv verbessert worden, um die Berufe attraktiver zu gestalten. Allerdings sind bei weitem noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Dringend notwendig ist unter anderem eine Einführung und Refinanzierung von Fachkarrieren in Kitas. Es muss auch eine gesetzliche Verankerung einer Freistellung der Leitungen vorgesehen werden. Positive Auswirkungen kann zudem eine staatliche Förderung der mehrmoduligen beruflichen Weiterbildungen zur Ergänzungskraft und zur Fachkraft haben.
3. Sicherung der Trägervielfalt
Ein Drittel aller bayerischen Kitas befindet sich in katholischer Trägerschaft. Es muss alles unternommen werden, um die Vielfalt der Trägerstrukturen sowohl rechtlich als auch durch andere Rahmenbedingungen zu sichern. Die kirchlichen Träger spielen eine wichtige Rolle in der Bereitstellung von Bildungseinrichtungen und es ist essenziell, diese Rolle zu stärken und zu erhalten.
4. Vorfahrtspakt: Verpflichtung aller Ebenen
Im Rahmen des Bündnisses für frühkindliche Bildung in Bayern sind die relevanten Beteiligten landesweit bereits an einem Tisch. Dieses Bündnis gilt es weiterhin zu stärken und auszubauen. Das Bündnis stellt sicher, dass die Verantwortung für den Ausbau und den Erhalt der frühkindlichen Betreuung geteilt wird. In erster Linie muss durch die angemessene gesetzliche Finanzierung (90 Prozent Basiswert) der deutlich gestiegenen gesellschaftlichen Bedeutung der Kitas Rechnung getragen werden. Die Handlungsempfehlungen umzusetzen, muss politische Priorität haben.
5. Priorität von Bildung in der Kirche
Bildung muss auch im kirchlichen Kontext eine Priorität bleiben. Es ist zu verhindern, dass kirchliche Trägerschaften von frühkindlichen Bildungseinrichtungen aufgegeben werden. Bildung ist ein zentraler Bestandteil pastoraler Verantwortung. Sowohl kirchliche als auch caritative Organisationen müssen sich aktiv am Ausbau der Bildungslandschaft beteiligen. Rückzüge aus der Trägerschaft sind zu vermeiden, um die kirchliche Präsenz in der frühkindlichen Bildung zu sichern.
6. Erhalt der Berufsfelder und Weiterbildungsangebote
Die Vielfalt der Berufsfelder im Erziehungsbereich muss erhalten bleiben. Die kirchlichen Träger haben eine besondere Verantwortung, Fort- und Weiterbildungsangebote für Erziehungspersonal zu fördern und zu erweitern. Nur so kann die Qualität der Betreuung langfristig gesichert und die Motivation der Fachkräfte erhalten bleiben.
7. Nachhaltigkeit bundesweiter Initiativen
Bundesinitiativen, wie die jüngst beschlossene Regelung, die für zwei Jahre jeweils zwei Milliarden Euro zur Verfügung stellt, dürfen keine kurzfristigen Lösungen bleiben. Solche Maßnahmen müssen im Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz verankert und damit für Träger verlässlich gestaltet werden. Eine gesetzliche Verankerung dient zum einen auch der dringend benötigen Entbürokratisierung für Träger und Leitungen und zum anderen wird sie den steigenden Anforderungen der Kitas gerecht.
8. Vernetzung und Vielfalt der Einrichtungen
In der Vernetzung der verschiedenen altersbezogenen Bildungseinrichtung hat es in den vergangenen Jahren positive Schritte in die richtige Richtung gegeben. Dieser Weg muss konsequent weiterverfolgt werden. Die Vielfalt der Einrichtungen – Krippen, Kindergärten, Horte und Häuser für Kinder, das Netz für Kinder, Tagesmütter und -väter – muss in der Planung und Förderung gleichrangig berücksichtigt werden. Die verschiedenen Modelle tragen dazu bei, den unterschiedlichen Bedürfnissen der Familien gerecht zu werden.
9. Wissenschaftliche Expertise stärker einbinden
Ein Aufruf von Wissenschaftlern, dass das System der frühkindlichen Bildung kurz vor dem Kollaps stünde, verdeutlicht die Dringlichkeit der Lage. Die wissenschaftliche Expertise muss im politischen und fachlichen Entscheidungsprozess einen höheren Stellenwert einnehmen, um nachhaltige und wirksame Lösungen zu finden.
10. Dringlichkeit des Handelns
Etwa 198.000 Kinder besuchen katholische Bildungseinrichtungen in Bayern – diese Zahl verdeutlicht die Notwendigkeit raschen Handelns. Ohne substanzielle Verbesserungen bei der Finanzierung, der Personalausstattung und der rechtlichen Absicherung droht eine erhebliche Verschlechterung der Bildungs- und Betreuungsqualität.
Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern fordert daher von allen Beteiligten – auf staatlicher, kommunaler und kirchlicher Ebene – eine gemeinsame Verantwortung für die Zukunft der frühkindlichen Bildung und Betreuung. Der „Vorfahrtspakt“ ist ein wesentlicher Schritt, um die Weichen für kommende Generationen zu stellen und die gesellschaftliche Verantwortung für die frühkindliche Bildung langfristig zu sichern.
Vom Präsidium des Landeskomitees einstimmig beschlossen.
Beitragsbild: Adobe Stock / Robert Kneschke
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