„Ich werfe unserer Zeit vor, dass sie starke und zu allem Guten begabte Geister zurückstößt, nur weil es sich um Frauen handelt.“ Mit diesen Worten kritisierte die Mystikerin und Kirchenlehrerin Teresa von Avila im 16. Jahrhundert die Rolle der Frau, die ihr Kirche und Gesellschaft damals zubilligten. Während im politischen und gesellschaftlichen Raum seitdem erhebliche Fortschritte zu verzeichnen sind, haben sich im kirchlichen Bereich nur relativ wenige Optionen für die Frauen ergeben, wenn es darum geht, an Planungen, Entscheidungen und Handlungen maßgeblich beteiligt zu werden.
Das aktive (1893 erstmals in Neuseeland) und das passive Wahlrecht (1906 erstmals in Finnland) für Frauen wurde in vielen demokratischen Ländern ebenso eingeführt wie die Möglichkeit, eine Schule, ein Studium oder eine Berufsausbildung zu absolvieren und entsprechende Berufe zu ergreifen. Die Geschäftsfähigkeit bis hin zum Erwerb eines Fahrzeugführerscheins war in den Zeiten davor alles andere als eine Selbstverständlichkeit für eine Frau. Zwar bilden Frauen an der Spitze großer Konzerne und in Unternehmensführungen nach wie vor eine Minderheit, aber es besteht für sie in den meisten Ländern zumindest die grundsätzliche und rechtliche Möglichkeit dazu. Die rechtliche Gleichstellung von Frau und Mann ist in Staat und Gesellschaft grundsätzlich vollzogen, aber in der katholischen Kirche bislang nicht.
Auch wenn sich innerhalb der katholischen Kirche in Deutschland in den vergangenen zwanzig Jahren positive Entwicklungen feststellen lassen, sind Frauen von einer umfassenden Einbeziehung in Entscheidungsprozesse und einer Beteiligung an Führungsaufgaben bislang noch ziemlich weit entfernt, von einem Zugang zu den geweihten Ämtern ganz zu schweigen.
Bewegungen wie „Maria 2.0“ und etliche weitere, die in den vergangenen Jahren entstanden sind, zeigen, dass die bisher erzielten Fortschritte nicht ausreichen, um Frauen strukturell in kirchliche Entscheidungs- und Handlungsprozesse einzubinden. Es ist theologisch nicht hinreichend begründbar und grob fahrlässig, die Begabungen und Interessen von Frauen nicht besser zu berücksichtigen. Auch wenn das nachsynodale Schreiben „Querida Amazonia“ von Papst Franziskus das Weiheamt für Frauen noch ausschließt, so lässt es doch die Tür für weitere Beratungen offen, indem es die Bedeutung des Schlussdokuments der Amazonien-Synode unterstreicht. Bereits im Jahr 2016 hatte Papst Franziskus die heilige Maria Magdalena liturgisch den Aposteln gleichgestellt.
In den Führungsetagen mancher bischöflichen Ordinariate in den deutschsprachigen Diözesen finden sich mittlerweile zunehmend Frauen. Die bisher eingeschlagenen Wege zur Beteiligung von Frauen an Leitungsaufgaben in den administrativen Bereichen müssen konsequent weitergegangen werden. Darüber hinaus sind jedoch gemäß dem Prinzip der „tätigen Teilhabe“ auch die Optionen eines Zugangs von Frauen zu den geweihten Ämtern zu prüfen und aufzugreifen, wie dies der Geschäftsführende Ausschuss des Landeskomitees bereits in seiner Stellungnahme vom 9. April 2018 gefordert hat, indem er von den „personae probatae“ spricht. Durch die Übernahme zahlreicher seelsorglicher Tätigkeiten und Dienste zeigt sich längst, wie vielfältig die Berufungen von Frauen ausgeprägt sind und wie sie sich noch weiter entfalten können.
Vorbild sind die Verbände, die Gremien des katholischen Laienapostolats und in gewisser Hinsicht auch die Orden, die Demokratiebildung und Teilhabe von Frauen an allen Funktionen und Ämtern in der katholischen Kirche vorangebracht haben. Kongruent und zeitlich parallel zu den politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, auf die mehrere katholische Verbände zum Teil großen Einfluss ausübten, besitzen hier Frauen das Wahlrecht und übernehmen selbstverständlich Leitungsfunktionen.
Zusammenfassend stellen wir fest:
- Der Synodale Weg, insbesondere auch mit dem Synodalforum „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“, wird ausdrücklich in der Erwartung unterstützt, eine neue Kultur der Partizipation von Frauen an Diensten und Ämtern zu fördern, die Auftrag zur Verkündigung des Evangeliums und eine Frage der Glaubwürdigkeit kirchlicher Verkündigung und von Gerechtigkeit ist, so wie dies bereits im Arbeitspapier des vorbereitenden Forums vom 23. Oktober 2019 dargelegt wird.
- Das Landeskomitee sieht in der tätigen Teilhabe, wie sie bereits in der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils „Sacrosanctum Concilium“ formuliert wird, einen notwendigen Ansatz, Überlegungen hin zu so genannten „personae probatae“ als Weg der Beteiligung anzustreben, so wie dies im Beschluss „Der Kirche ein Gesicht geben“ des Landeskomitees vom 9. April 2018 gefordert wird.
- Das Landeskomitee unterstützt in diesem Zusammenhang darüber hinaus nachdrücklich die wertvollen Dienste und langjährigen Bemühungen der katholischen Frauenverbände in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu einem Weg von tatsächlicher Gleichberechtigung und paritätischer Beteiligung von Frauen und Männern.
Nur so kann es gelingen, die vielen Begabungen möglichst aller Gläubigen sowohl in das Leben einer kirchlichen Gemeinde als auch in die Kirche insgesamt einfließen zu lassen. Neben den Frauen zählen dazu natürlich auch die Männer, die Jüngeren und die Älteren, die Alleinstehenden und die in Ehe oder Partnerschaft Lebenden ebenso wie die Menschen mit Handicaps, die Gesunden, die Kranken, die Reichen und die Armen. Bereits im ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde von Korinth werden unterschiedliche Befähigungen der Menschen aufgeführt, welche die Verantwortlichen in einer Gemeinde wertschätzen sollen (1 Kor 12, 1 – 14, 40). Es ist das Gebot der Stunde, sich dieser urchristlichen Lobeshymne und Mahnung wieder bewusst zu werden und sie für die Kirche lebendig werden zu lassen.
Von der Herbstvollversammlung am 14. November 2020 im Rahmen einer Videokonferenz mit einer Gegenstimme verabschiedet.
Titelbild: Adrey_Popov / Adobe Stock
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