Jugendliche bereits in den Schulen für soziale Berufe sensibilisieren
Die Coronakrise hat Lebensbereichen, in denen Menschen auf menschliche Hilfe in ganz besonderer Weise angewiesen sind, eine ungeahnte Aufmerksamkeit verschafft. Auch wenn sie diese schon vorher verdient hätten, haben die personellen Engpässe erst jetzt der Öffentlichkeit bewusst gemacht, wie wichtig soziales Handeln und wie wichtig menschliche Begegnungen sind.
Die Pandemie hat schonungslos den Finger in die Wunden gelegt, die mangelhafte Versorgung und Unterstützung reißen konnten. Viele haben gemerkt, wirtschaftliche Stabilität ist wichtig, aber nicht alles. Und trotzdem sind offensichtlich Berufe im sozialen Umfeld nicht genügend attraktiv. Betriebe und Einrichtungen müssen nach wie vor um Nachwuchs kämpfen.
Vielleicht liegt es daran, dass technische oder kaufmännische Berufsfelder eher mit konkreten Berufen verbunden werden können. Vielleicht liegt es daran, dass soziale Berufe nur selten mit attraktiver Bezahlung, mit familienfreundlichen Arbeitszeiten oder mit gesellschaftlicher Anerkennung punkten können. Vielleicht liegt es aber schlicht und einfach daran, dass jungen Menschen das weite Spektrum sozialer Berufe zu wenig bekannt ist.
Am Ende wird wohl eine Mischung aus unterschiedlichen Faktoren dazu geführt haben, dass soziale Berufsfelder häufig nicht genug in den Fokus junger Menschen rücken. Das Landeskomitee möchte deshalb alle beteiligten Akteure in Bildung, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft dazu aufrufen, die enormen Herausforderungen anzunehmen, vor die junge Familien und eine zugleich älter werdende Gesellschaft gestellt sein werden. Auch kirchliche Gemeinden und Verbände sollten die Initiative ergreifen und junge Menschen gezielt ansprechen.
Folgende Maßnahmen zeigen Wege auf, damit sich in Zukunft mehr Menschen für soziale
Berufsfelder entscheiden:
- Die Lehrpläne sollten bereits in der Phase der Zweigfindung der Mittelschule noch mehr Informationsmöglichkeiten schaffen, damit junge Menschen ihre Entscheidung für die geplante berufliche Entwicklung auch in Kenntnis möglichst vieler Optionen in sozialen Berufsfeldern treffen können.
- Nachholbedarf hinsichtlich der verfügbaren und gut aufbereiteten Darstellungen von sozialen Berufsfeldern sehen wir auch an den Realschulen. Wesentliche Informationen sollten nicht nur auf die Wahlpflichtfächergruppe mit Schwerpunkten im gesundheitlichen oder sozialen Bereich begrenzt bleiben, sondern bereits vor der Entscheidung gegeben werden und übergreifend zur Verfügung stehen.
- Die Gymnasien mit sozialwissenschaftlicher Ausrichtung können junge Menschen bereits gut auf die Optionen sozialer Berufsfelder aufmerksam machen. Aber Jugendliche sollten in ihrer Berufsfindungsphase an allen Gymnasien immer wieder angesprochen und auf die Optionen einer Berufsausbildung oder eines Studiums im sozialen Bereich hingewiesen werden.
- Sozialverbände und Sozialeinrichtungen müssen in Zukunft noch früher und öfter auf die Schulen zugehen, um den Jugendlichen Berufspraktika zu ermöglichen. Eventuell wäre auch an Pflichtpraktika zu denken. Hier sollten die bayerischen Staatsministerien für Unterricht und Kultus sowie für Familie, Arbeit und Soziales unterstützend und kooperativ tätig werden. Gegebenenfalls muss auch eine Überarbeitung oder Ergänzung der Lehrpläne angegangen werden.
- Fast die Hälfte der jungen Menschen, die einen Freiwilligendienst wie das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) oder den Bundesfreiwilligendienst (BFD) ausüben, wählen anschließend einen Beruf im sozialen Bereich. Die Freiwilligendienste bieten nicht nur einen Einblick in die sozialen Berufe, sondern dienen zur Persönlichkeitsbildung. Auch bei den Freiwilligen, die danach in andere Bereiche gehen, bleibt eine Sensibilität für die Bedeutung und die Herausforderungen des sozialen Berufs. Eine adäquate finanzielle Ausgestaltung für die Freiwilligendienste auf Landes- und Bundesebene ist dabei unverzichtbar. Die Bekanntheit der Freiwilligendienste muss gestärkt werden und diese Dienste müssen in der Gesellschaft sichtbarer werden.
- Lokale und regionale Messen zur Berufsfindung für junge Menschen sollten in Zukunft noch intensiver von Sozialverbänden, Trägern sozialer Einrichtungen, Kommunen und kommunalen Gebietskörperschaften dazu genutzt werden, um über die breite Palette sozialer Berufe zu informieren. Die überregionalen Messen „Consozial“ und „Didacta“ könnten in Zukunft ebenfalls als Informationsbörse für soziale Berufe fungieren.
- Um die Attraktivität sozialer Berufsfelder zu steigern und um gezielt darüber zu informieren, sollten ansprechende, kurze Imagefilme zum gesamten Sozialbereich, nach Möglichkeit aber auch zu einzelnen Berufen produziert und verbreitet werden.
Erst wenn es gelingt, viele Ideen zu einer konzertierten Aktion zusammenzufügen, können wieder mehr junge Menschen für die vielen und wichtigen Berufe im sozialen Bereich angesprochen und begeistert werden. Auch die Verdienstmöglichkeiten müssen auf lange Sicht mit kaufmännischen Berufen oder solchen aus dem MINT-Bereich kongruent werden.
Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern setzt sich deshalb für eine konzertierte Aktion von Politik, Wirtschaft und Bildung ein, um junge Menschen noch mehr für soziale Berufe zu begeistern und die nötigen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Soziale Berufsfelder sind erfüllend und bereichernd. Unsere Gesellschaft und die Menschen leben nicht vom Geld allein, sondern auch von der menschlichen Zuwendung.
Beitragsbild: Adobe Stock / melita
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