Mehrere Millionen Menschen engagieren sich deutschlandweit haupt- und ehrenamtlich in kirchlichen Verbänden, Einrichtungen und Organisationen. Gemeinsam mit den Räten sind sie es, die der Kirche vor Ort ein Gesicht und in der Öffentlichkeit eine Stimme geben. Die Verbandsarbeit ist neben dem Sozialen und der Bildung einer jener Bereiche, in denen kirchliches Handeln breiten Zuspruch erfährt und als positiv wahrgenommen wird, selbst von Menschen, die der Kirche fernstehen. Sie bieten Menschen aller Altersgruppen und aus allen sozialen Schichten die Möglichkeit, sich zu engagieren, Gemeinschaft zu erfahren und ihren Glauben zu leben. In katholischen Verbänden wird Demokratie eingeübt und gelebt. Sie sind ein wichtiger Teil der bayerischen Identität, sie prägen die Kultur und das Brauchtum des Landes und sie bieten Menschen Heimat und Orientierung.
Ohne unsere Verbände wäre die Gesellschaft ärmer. Viele Angebote und Hilfeleistungen – vom Frauenhaus über unterschiedlichste Beratungsstellen, die Bahnhofsmissionen oder die Obdachlosenhilfe bis hin zu Freiwilligendiensten und Jugendarbeit – würde es nicht mehr geben.
Im politischen und zivilgesellschaftlichen Bayern kommt den Landesverbänden eine besondere Bedeutung zu: Sie sind Ansprechpartner und Netzwerker gegenüber der Staatsregierung sowie anderen landesweiten Organisationen und Einrichtungen und sie treten durch ihre Veranstaltungen und Verlautbarungen wirksam in Erscheinung. Ihre Fachkompetenz ist geschätzt und hochangesehen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.
Zukunft in Gefahr
Inzwischen ist die Arbeit der Verbände jedoch in Gefahr. Die Verbände und ihre Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen sind von den jüngsten Kirchenaustrittszahlen noch stärker betroffen als die Kirche insgesamt und ihre Einnahmen aus der Kirchensteuer. Inflation und damit steigende Kosten im Verwaltungs- und Betriebsbereich auf der einen sowie „Nullrunden“ seitens der Zuschüsse durch den Überdiözesanen Fonds (ÜDF) Bayern auf der anderen Seite wirken sich wie Kürzungen für die Verbandsarbeit aus. Viele Verbände mahnen bereits seit einigen Jahren, dass ihnen in kurzer Zeit das Geld ausgehen wird – spätestens dann, wenn die Rücklagen aufgebraucht sein werden, sofern sie über solche verfügen.
Mit Blick auf das Gesamtvolumen des ÜDF machen die Zuschüsse an die Verbände lediglich einen geringen Anteil aus. Es ist unverhältnismäßig, hier dieselben Einsparvorgaben anzulegen wie bei den übrigen Zuschussempfängern, die aufgrund des ihnen zur Verfügung stehenden Finanzrahmens und viel größerer personeller Ressourcen andere Möglichkeiten haben, ihren Aufgaben nachzukommen.
Ein Abbau der Geschäftsstellen bzw. von hauptamtlichem Personal ist keine Lösung. Erstens sind die Geschäftsstellen der Verbände personell ohnehin am unteren Limit ausgestattet, so dass ein weiterer Stellenabbau die inhaltliche Arbeit oder gar den Bestand gefährden würde. Zweitens braucht Ehrenamt die Unterstützung und Begleitung durch hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine reine Selbstorganisation von Verbänden auf Landesebene durch Ehrenamtliche ist nicht möglich. Außerdem wären Einsparmaßnahmen am Ehrenamt mit Blick auf die aktuelle Situation der katholischen Kirche das völlig verkehrte Signal nach außen.
Die Landesverbände akquirieren zahlreiche Zuschüsse und Komplementärmittel aus dem öffentlichen, wirtschaftlichen und politischen Bereich. Wenn die Eigenmittel fehlen, dann können diese Mittel nicht mehr abgerufen werden.
Strategie statt Nullrunde
Wir fordern die bayerischen Bischöfe daher auf, gemeinsam mit den Verbänden Strategien zu entwickeln, die die Arbeit der Landesverbände dauerhaft sichern können. Pauschale Nullrunden werden nicht mehr länger funktionieren. Gerade kleinere Verbände werden dadurch ungleich belastet, was bis zur Geschäftsunfähigkeit führt. Es braucht langfristige Festlegungen und Maßnahmen – jetzt.
Zudem braucht es eine Lösung, wie tarifliche Personalkostensteigerungen aufgefangen werden können. Viele Verbände können die Mittel für die tariflichen Steigerungen nicht aus eigener Kraft erwirtschaften. Dass das Personal der Verbände anderen Angestellten im kirchlichen Dienst gleichgestellt und nach ABD gleichermaßen bezahlt werden muss, steht außer Frage.
Kirchliche Verbände, Einrichtungen und Organisationen haben einen hohen Wert für unsere Kirche und unsere Gesellschaft. Sie sind ein wichtiger Teil der bayerischen Identität und leisten einen wertvollen Beitrag für unser Gemeinwohl. Wir möchten Teil der Lösung sein und sind bereit, uns aktiv und gestalterisch in den Diskussionsprozess einzubringen.
Von der Frühjahrsvollversammlung des Landeskomitees der Katholiken in Bayern
am 19. April 2024 einstimmig beschlossen.
Beitragsbild: KNA-Bild
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