Landeskomitee-Vorsitzender Unterländer ruft Kirche und Räte zu Teilhabe an „intensivem gesellschaftlichen Dialog auf“
Deggendorf, 29. April 2022. Der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Joachim Unterländer, sieht „große Herausforderungen, die Glaubensfragen in einer säkularisierten Welt ebenso betreffen wie den Bedarf an österlichem Licht im Dunkel dieser Zeit“. So ruft das Landeskomitee anlässlich seiner Frühjahrsvollversammlung unter dem Motto „Zusammenhalten – zusammen gestalten“ auf zu einem „intensiven gesellschaftlichen Dialog“ im Freistaat Bayern und darüber hinaus, „der die Menschen einbindet und eine starke Wertegrundlage beinhaltet“. Diesen Dialog braucht es laut Unterländers Bericht am Freitag, 29. April, mit Blick auf innerkirchliche Debatten wie sie etwa durch das Münchner Missbrauchsgutachten ausgelöst wurden. Ebenso brauche es ihn im Umgang mit gesellschaftlichen Fragen zu Konsequenzen der Corona-Pandemie, zur ökosozialen Transformation und den Folgen des Klimawandels wie auch im Umgang mit Inflation und Gerechtigkeitsfragen. Das derzeit oft genannte Wort einer Zeitenwende betrifft damit laut dem Vorsitzenden des Landeskomitees auch die Rätearbeit in der Kirche.
Angesichts des brutalen Überfalls, der derzeit in Europa stattfindet, müssten laut Unterländer „die mutmaßlichen Kriegsverbrechen, die im Ukrainekrieg geschehen sind, konsequent auf der Basis der Genfer Konvention und weiterer einschlägiger Bestimmungen verfolgt werden“. Zudem sei die Hilfe für die betroffenen Menschen vor Ort sowie für die Geflüchteten weiterhin notwendig. Das Landeskomitee danke „insbesondere den Pfarrgemeinden, den Ehrenamtlichen und den kirchlichen Verbänden. Sie müssen in ihren Bemühungen durch die öffentliche Hand weiterhin mit Nachdruck unterstützt werden“, so der Vorsitzende. Zugleich sollten – wie in vielen konkreten Fällen bereits geschehen – „von der Kirche in ihrer Gesamtheit deutliche Zeichen gegen den Krieg und die Benennung von Verantwortlichkeiten“ ausgehen. Die Kirche spiele laut Unterländer eine wichtige Rolle und „der interkonfessionelle und interreligiöse Zusammenhalt“ sei besonders wichtig.
Das im Januar erschienene unabhängige Missbrauchsgutachten für die Erzdiözese München und Freising habe laut Unterländer deutlich gemacht, dass „aus Betroffenensicht gehandelt werden“ müsse. Ferner müssten die Beratung und Aufklärung für die Betroffenen „in allen bayerischen (Erz-)Diözesen vertieft fortgesetzt werden“. Dabei solle auch der Prävention im Sinne der Landeskomitee-Initiative für die neutrale Ombudsstelle PUSH (Prävention und Schutz helfen) ein noch höherer Stellenwert eingeräumt werden. Die Diskussions- und Dialogformen müssten „für alle erreichbar, und deshalb niederschwellig angesetzt sein“. Das Angebot des Münchner Erzbischofs, Kardinal Reinhard Marx, dass Vorschläge zur Verbesserung der Situation insbesondere auch von Räten und Laien allgemein eingebracht werden sollen, „muss proaktiv genutzt werden“, so Unterländer. Das Landeskomitee hoffe diesbezüglich auf breite und ergebnisoffene Diskussionen in allen (Erz-)Diözesen.
Anlässlich des Tagungsthemas „Zusammenhalten – zusammen gestalten. Generationen-solidarität in Kirche und Gesellschaft“ fordert das Landeskomitee unter anderem eine Auswertung der Situation der Kinder und Jugendlichen in der Zeit der Corona-Pandemie. „Kinder und Jugendliche haben, wie zum Beispiel Studien des Deutschen Jugendinstituts oder von Krankenkassen sowie Verbänden zeigen, besonders gelitten“, so Unterländer. Dies sei nicht nur für die Kinder- und Jugendhilfe eine große Herausforderung. „Wir fordern deshalb sowohl auf Landes- wie auch auf Bundesebene eine intensive Auseinandersetzung zum Beispiel in Form der Einrichtung von Enquete-Kommissionen auf Landtags- und Bundestagsebene“, betonte der Vorsitzende.
Über die christliche Ökumene hinaus warb Unterländer für eine Vertiefung des interreligiösen Dialogs auch mit islamischen Gemeinden in Bayern wie er unter anderem im „Gemeinsamen Friedensappell“ mit der Islamischen Gemeinde Penzberg als Bekenntnis für Frieden und Menschenwürde zum Ausdruck komme. Mit Blick auf den Synodalen Weg wies der Vorsitzende des Landeskomitees die Kritik insbesondere amerikanischer Bischöfe an diesem zurück: „Auch in deren Heimat wird Handlungsbedarf für unsere Kirche gesehen.“ Bisherige Ergebnisse des Synodalen Wegs machten Hoffnung, dass die Kirche in Deutschland „Regelungen, für die es keines weltkirchlichen Plazets bedarf, baldmöglichst in konkrete Umsetzungsstrategien bringt“.
Unterländer dankte in seinem Bericht dem scheidenden Geistlichen Beauftragten für das Landeskomitee der Katholiken in Bayern, Prälat Walter Wakenhut, „der uns großartig begleitet hat, und dessen Verabschiedung noch erfolgen wird“, und begrüßt dessen Nachfolger Pater Alfons Friedrich SDB, der von der Freisinger Bischofskonferenz mit diesem Dienst beauftragt wurde. Pater Friedrich leitet einen Pfarrverband in München Haidhausen, ist Vorsitzender des St. Michaelsbundes auf Diözesanebene im Erzbistum München und Freising sowie stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates des Diözesancaritasverbandes. In Nachfolge von Prälat Lorenz Wolf ist er künftig zudem Vertreter der Katholischen Kirche im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks.
Neben Unterländer berichteten weitere Präsidiumsmitglieder des Landeskomitees. Christian Gärtner, stellvertretender Vorsitzender, gab Eindrücke vom Synodalen Weg wieder, bei dem Gedanken zu neuen Strukturen für die Kirche in Deutschland vorgeschlagen worden seien. Aus seiner Sicht sei wichtig, nicht zusätzliche Gremien zu schaffen, sondern „die bereits vorhandenen synodalen Ansätze in unserer Rätestruktur“ zu stärken und weiterzuentwickeln, so Gärtner. So wünsche er sich „deutlich mehr Entscheidungskompetenzen für die bereits vorhandenen Pfarrgemeinderäte“. Die stellvertretende Vorsitzende Monika Meier-Pojda mahnte unter anderem zu einer breiteren Unterstützung wichtiger und derzeit stark geforderter kirchlicher Organisationen wie etwa der Caritas, des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) oder des BDKJ. Damit diese ihre wichtigen Aufgaben gut erfüllen könnten, „bedarf es einer auskömmlichen finanziellen Ausstattung“, so Meier-Pojda.
Mit einführenden Worten zum Tagungsthema Generationensolidarität in Kirche und Gesellschaft unterstreicht Meier-Pojda, die die Vorbereitungsgruppe für den inhaltlichen Teil der Vollversammlung geleitet hat, am Samstag, 30. April, die Relevanz eines fairen Miteinanders der Generationen. Während der Corona-Krise hätten sich junge Menschen unter anderem impfen lassen, um die oft älteren Menschen der vulnerablen Gruppen zu schützen. Mit Blick auf die Klimakrise müsse nun die Frage gestellt werden: „Welche Verantwortung haben die Älteren gegenüber den nachwachsenden Generationen?“. Die Vollversammlung solle laut Meier-Pojda zudem aufzeigen, welche Herausforderungen und Verantwortungen sich „in diesem Zusammenhang für uns als Christen“ ergäben. Ausgehend von einem Impuls unter dem Titel „Der Dialog der Generationen – ein jugendspezifischer Blick“ von Anne Berngruber, beim Deutschen Jugendinstitut zuständig für „Jugend und Jugendhilfe – Fachgruppe Lebenslagen und Lebensführung Jugendlicher“, setzen sich die Mitglieder in Workshops mit Fragen der Solidarität der Generationen auseinander. (hs)
Fotos: Hendrik Steffens