Der erste Fachtag der Veranstaltungsreihe „Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ an der Katholischen Stiftungshochschule endet mit Appell an die Politik.
München – „Es macht mir Angst. Ich glaube, es macht sogar jedem Angst, wenn dir gesagt wird, dass mittlerweile mehrere Prozente an Land verschwinden“, sagt Zakaria Abdullahi Hassan. Die Worte des 18-Jährigen sind eindrücklich. Es ist eine der Stimmen von jungen Menschen, die den ersten Fachtag der dreiteiligen Veranstaltungsreihe „Was kommt noch?! –Kinder und Jugendliche in Zeiten der Verunsicherung“ einleiten. Die Katholische Stiftungshochschule (KSH) in München, das Landeskomitee der Katholiken in Bayern und die Salesianer Don Boscos veranstalten diese Reihe und möchten in diesem Rahmen ein Forum für den Dialog bieten: Was beschäftigt junge Menschen? Welche Ängste haben sie angesichts der großen, globalen Krisen wie Corona, Krieg und Klimawandel? Und vor allem: Wie kann eine hoffnungsvolle Zukunft zusammen mit der jungen Generation gestaltet werden?
Zu dem ersten Fachtag, der am 16. Mai in der Katholischen Stiftungshochschule in Haidhausen München stattfand, kamen rund 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, vorwiegend Fachkräfte aus sozialen Einrichtungen, aber auch aus Verbänden und Kommunen. Doch es gab auch junge Menschen, die sich in die Diskussionen einbringen konnten und vor allem zu Beginn deutlich machten: „Wir wollen ernst genommen werden!“ Nicht nur Zakaria Abdullahi Hassan, der sich im Jugendhaus Schwabing engagiert, sondern auch die Schülerinnen Elena Forster (16) und Lena Krücker (15) vom Erzbischöflichen Edith-Stein-Gymnasium sowie der Student Martin Thoma (19), der an der KSH soziale Arbeit studiert, konnten ihre Bedenken äußern, die besonders den Klimawandel als existenzielle Bedrohung wahrnehmen. Dass bereits in der frühkindlichen Erziehung angesetzt werden müsse, unterstrich die Erzieherin Saskia Abbas-Kleinz (41), die am Katholischen Schutzengelkinderhaus in Eichenau eine Integrationsgruppe leitet. Sie betonte, dass sich die Folgen der Corona-Pandemie noch an den Kindern zeige, denn viele würden Probleme mit der Eingewöhnung und im Bereich der Sozialkompetenz haben.
Diese persönlichen Eindrücke wurden in einem Fachvortrag von Sylva Liebenwein, Professorin für Pädagogik und Soziale Arbeit an der KSH, untermauert. Sie bezog sich unter anderem auf die Barmer Sinus-Studie, in der milieuspezifisch Jugendliche im Alter von vierzehn bis siebzehn Jahren unter anderem zu Zukunftssorgen befragt wurden. Und die Zahlen machten deutlich: Die Zukunftsängste junger Menschen sind gestiegen. Im Jahr 2022 blickten unter den Befragten nur noch 35 Prozent optimistisch auf die Weltsituation, im Vorjahr waren es noch neun Prozent mehr. Besonders belastend seien hierbei Kriege, Klimawandel, Umweltverschmutzung und die Energiekrise.
Mit der Feststellung dieser Verunsicherungen ging es in die Diskussion. In unterschiedlichen Arbeitsgruppen wurde debattiert und konkrete Forderungen erarbeitet. Die fünf Gesprächsrunden setzten unterschiedliche Schwerpunkte wie psychische Belastungen, Werte für Demokratie, milieuspezifische Zugänge, Ansätze aus der Praxis und eine Auseinandersetzung mit der „Generation Z“, also junge Menschen, die zwischen Mitte der 1990er und 2010 geboren wurden.
Dabei entstand ein breiter Fächer an Forderungen, darunter der Wunsch nach einer besseren Verteilung der Gelder, weniger bürokratischer Aufwand, besserer psychologischer Versorgung von Kindern und Jugendlichen und vor allem – mehr Partizipation von jungen Menschen an politischen Entscheidungen.
Die Wünsche und Forderungen wurden im Anschluss direkt an die Politik gerichtet: Ulrike Scharf, Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales (CSU), tauschte sich am Nachmittag mit den Gruppen aus. Und auch ihr wurde deutlich, dass junge Menschen politisch mehr mitbestimmen wollen: „Das hat sich wirklich für mich auch nochmal verstärkt: die Beteiligung von jungen Menschen an politischen Entscheidungen und an ihren Zukunftsperspektiven“, sagte Scharf und betonte: „Dass sie ernst genommen werden mit ihren Sorgen, mit ihren Ängsten, aber auch mit ihren Vorstellungen von Zukunft, ist eines, was ich mitnehme.“ Dabei wolle sie konkret dafür sorgen, dass die Jugendsozialarbeit an den Schulen intensiv ausgebaut werden solle.
Um die Praxis soll es dann auch am zweiten Fachtag gehen, der am 19. September stattfinden soll. Bis dahin kehren die Teilnehmenden mit „Hausaufgaben“ zurück in ihren Arbeitsalltag und schauen, was bereits gut in der Praxis läuft und wie mit Herausforderungen angesichts der Krisen umgegangen wird. Diese Beispiele bilden dann im September die Diskussionsgrundlage.
Doch zum Ende des ersten Fachtags ist dennoch eine optimistische Grundstimmung zu spüren. Der Student Martin Thoma, der zu Beginn der Veranstaltung von seinen Verunsicherungen sprach, erzählte am Ende der Veranstaltung: „Für mich war ersichtlich, dass die Menschen, die heute hier zusammengekommen sind, auf jeden Fall ein Interesse daran haben, zuzuhören und produktiv zusammen zu arbeiten, um was zu schaffen, was uns weiterbringt“, sagte er. „Ich denke, dass wir heute ein Stück weit den Anfang gelegt haben.“ (pm)