Landeskomitee will christlich-jüdischen Dialog stärken
Der Geschäftsführende Ausschuss des Landeskomitees der Katholiken in Bayern hat seine konstituierende Sitzung im Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG) abgehalten. Im Rahmen des Themenjahres „1700 Jahre jüdisches Leben in Bayern“ kamen die Mitglieder des Landeskomitees dabei auch mit der Präsidentin der IKG, Charlotte Knobloch, ins Gespräch.
Charlotte Knobloch stand die Freude ins Gesicht geschrieben – darüber, dass nach den langen, stillen Monaten nun endlich wieder Besucher ins Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde in München kommen dürfen. Die Veranstaltung des Landeskomitees war die erste nach fast einem Dreivierteljahr Corona-Pause.
Das Landeskomitee wolle das Jubiläum von 1700 Jahren jüdischem Leben in Bayern zum Anlass nehmen, um den Wert und die Bedeutung des interreligiösen Dialogs deutlich zu machen, sagte der Vorsitzende des Landeskomitees, Joachim Unterländer. Dabei sieht er die christlich-jüdische Zusammenarbeit als ganz entscheidend für ein „echtes Miteinander in der Gesellschaft“ an. In einer Zeit der gesellschaftlichen Unsicherheiten sei kirchliches Engagement wichtig, um „die offenen Planken des Gemeinwesens zu schließen“ – so bestärkte die Präsidentin der IKG die Mitglieder des Landeskomitees, gemeinsam mit anderen Akteuren aus Kirche, Gesellschaft und Politik den bisher eingeschlagenen Weg weiterzuverfolgen.
Eindrücklich erzählte sie von jenen Dingen, denen sich jüdisches Leben in Bayern tagtäglich ausgesetzt sieht: zerkratzte Gedenkstelen und beschmierte Wände gehörten dabei noch zu den Vorkommnissen, die es nicht einmal in die Medien schaffen. Sie zeigen aber: der Antisemitismus wächst, er durchdringt alle sozialen Schichten – und das bereitet den jüdischen Menschen zunehmend Sorge. Das Landeskomitee hat sich bereits vor einiger Zeit öffentlich der Definition von Antisemitismus durch die International Holocaust Remberance Alliance (IHRA) angeschlossen. Man sehe in der dortigen Formulierung eine gute Grundlage, um jüdisches Leben zu achten und jüdische Beiträge zum Wohl der Gesellschaft zu würdigen sowie um andererseits berechtigte Kritik an Einzelaspekten des politischen Handelns im Staat Israel zuzulassen. Zudem betonte Joachim Unterländer, dass das Landeskomitee auch weiterhin klare Kante gegen judenfeindliche Strömungen und Parteien zeigen werde. Das Ziel müsse eine Gesellschaft sein, „in der Menschen sich untereinander als Menschen sehen“, ohne dabei den Blick auf Religion, Hautfarbe oder Nationalität zu richten.
Charlotte Knobloch machte deutlich: „Der Hass gegen Juden bedroht alle Menschen und untergräbt die gesamte Gesellschaft. Er macht unsere Gesellschaft Stück für Stück ärmer, wenn wir ihn lassen.“ Die Angriffe auf jüdisches Leben in Deutschland kämen längst nicht nur mehr von rechts, sondern auch von links und aus dem muslimischen Bereich, so Charlotte Knobloch. Auf Demonstrationen schlage jüdischen Menschen wieder ein Hass entgegen, der schon fast überwunden zu sein schien. Er sei jedoch niemals ganz weg gewesen – jetzt finde er nur vermehrt neue Bahnen um sich zu kanalisieren. Ein solcher Kanal sei auch das Internet. Hier sah die Präsidentin der IKG alle in der Pflicht, sich Hass und Hetzrede im Netz entgegen zu stellen.
Sie betonte außerdem die besondere Bedeutung der politischen Bildung. Diese könne nach Ansicht Knoblochs gar nicht früh genug ansetzen. Es gehe ihr allerdings nicht darum, Kindern und Jugendlichen bloßes Wissen über die Weltreligionen zu vermitteln, sondern darum, sie mit Hilfe dieses Wissens zu „befähigen, Verantwortung zu tragen und die Zukunft in dieser Verantwortung zu gestalten.“
So formuliert die Internationale Allianz für Holocaustgedenken (IHRA) die Definition von Antisemitismus, der sich das Landeskomitee der Katholiken in Bayern schon im Mai 2019 angeschlossen hat:
„Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort und Tat gegen jüdische oder nicht-jüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum, sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen und religiöse Einrichtungen.
Erscheinungsformen von Antisemitismus können sich auch gegen den Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, richten. Allerdings kann Kritik an Israel, die mit der an anderen Ländern vergleichbar ist, nicht als antisemitisch betrachtet werden.“
Foto: A. Hofstätter / Landeskomitee