Nachhaltigkeit als Pfeiler wirtschaftlichen Handelns
Vergabehandbuch für Erzdiözese München und Freising angekündigt
Landeskomitee diskutiert mit Kirche und Politik über Beschaffungswesen
München, 7. Juli 2010. Die Kirchen als einer der bundesweit größten Arbeitgeber und Dienstleister hätten mit ihren Ausgaben für Verwaltung, Bauwesen und als Sachkostenträger eine erhebliche Marktmacht, die man verantwortungsvoll gestalten müsse. Darauf haben die Beteiligten eines vom Landeskomitee der Katholiken in Bayern durchgeführten Studientages zum Beschaffungswesen am Freitag, 2. Juli, in der Hochschule der Jesuiten München hingewiesen. Nachdem das Landeskomitee im vergangenen Jahr unter dem Titel „Kirche kauft ein – öko, sozial, fair“ bereits eine Broschüre veröffentlicht hatte, war nun je ein Entscheidungsträger von Kirche, Freistaat und Stadt München zum Dialog mit Verantwortlichen eingeladen, die haupt- oder ehrenamtlich in kirchlichen Verwaltungen, Pfarrgemeinden, Gremien des Laienapostolats oder in kirchlichen Verbänden tätig sind.
Monsignore Klaus Peter Franzl, Finanzdirektor des Erzbistums München und Freising, betonte, dass die Erzdiözese bereits einiges für einen sozialverträglichen und ökologischen Einkauf tue. Bei einem Verbrauch von 65 Millionen Blatt Papier jährlich kaufe man Produkte von regionalen Firmen und mit einem hohen Recyclinganteil. Auch stelle man den Fuhrpark der Erzdiözese auf verbrauchsarme Fahrzeugen um. „Die Kirche stellt sich in diesem Bereich ihrer Verantwortung, auch wenn noch viel zu tun bleibt“, betonte der Finanzdirektor.
Finanzdirektor Franzl räumte ein, dass er Pfarreien und Stiftungen nicht ohne weiteres zu einem bestimmten Handeln verpflichten könne. Er kündigte jedoch an, dass das Erzbischöfliche Ordinariat München die Erstellung eines zentralen Vergabehandbuchs plane, das als verbindliche Richtlinie für alle Stellen im Erzbischöflichen Ordinariat gelten soll, die Materialien beschaffen. Darüber hinaus solle die zentrale Verwaltung in ihrer Praxis Vorbild für die Kirchenstiftungen vor Ort sein, die auf Pfarreiebene für die kirchlichen Finanzen zuständig seien. Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit entwickelten sich zu neuen Pfeilern der katholischen Soziallehre, erinnerte Franzl mit Verweis auf die Erklärung „Der Klimawandel“ der Deutschen Bischofskonferenz von 2006.
In Vertretung des in der Bayerischen Staatsregierung für entwicklungspolitische Fragen zuständigen Staatsministers Siegfried Schneider erläuterte Paul Fischer, Ministerialrat in der Bayerischen Staatskanzlei, dass die Wirtschaftlichkeit bei Entscheidungen des Freistaates Priorität habe. Weitere Ziele könnten durch Gesetz jedoch festgelegt werden, wie zum Beispiel die Förderung des Mittelstandes, Innovationen, Umweltschutz oder Energieeffizienz. So sei auch die Verhinderung ausbeuterischer Kinderarbeit als Einkaufskriterium für staatliche Stellen per Landtagsbeschluss festgeschrieben worden. Dazu gäben Bieter eine Eigenerklärung ab, die ähnlich funktioniere wie die Einhaltung der Tariftreue. Damit habe man laut Fischer gute Erfahrungen gemacht.
Gegen die damalige Rechtslage habe die Stadt München bereits früh die Berücksichtigung ethischer Kriterien in ihren Vergaberichtlinien festgelegt, so Wolfgang Kuhn von der Vergabestelle I der Stadt München. Kein Anbieter hätte sich eine Klage leisten können, da damit sofort Raum für Spekulationen über ethisch nicht verantwortbare Geschäftspraktiken entstanden wären. Kuhn wies aus der langjährigen Praxis jedoch darauf hin, dass ein Betrieb oder eine Einrichtung wie die Caritas die Vergabe nach ethischen Kriterien nur mit einer professionellen und zentralen Vergabestelle bewältigen könne, die mit standardisierten Richtlinien agiere, wie sie zum Beispiel im Vergabehandbuch der Stadt München zu finden seien. (thj/ed)
Hinweis: Die Broschüre „Kirche kauft ein – öko-, sozial, fair“ kann beim Landeskomitee der Katholiken per E-Mail info@landeskomitee.de oder per Telefon 089 2137-2800 angefordert werden.