Kürzungsmaßnahmen zu hoch und ohne „vernünftige Zeitschiene“
Landescaritasdirektor Zerrle: „Jetzt müssen wir Mitarbeitern kündigen“
München, 18. März 2004 (ILK) Der Landescaritasdirektor in Bayern, Prälat Karl-Heinz Zerrle, ist enttäuscht über die von der Mehrheit des Bayerischen Landtags verabschiedeten Sparbeschlüsse der Bayerischen Staatregierung. In einem Interview für die vom Landeskomitee der Katholiken in Bayern herausgegebenen Zeitschrift „Gemeinde creativ“, die in den nächsten Tagen erscheint, sagte er: „Wir sind enttäuscht über die CSU-Landtagsfraktion, die eigentlich mehr hätte tun können“.
Ausdrücklich nahm Zerrle die bayerische Sozialministerin Christa Stewens als „Hausministerin“ auch für die Anliegen der Caritas von seiner Kritik aus. Sie habe die Kürzungsabsichten nicht veranlasst. Deswegen wäre es nicht richtig, sie zu beschuldigen. Sie habe sogar versucht, sich zu wehren und immer wieder mitgeteilt, wo sie sich engagieren wolle. Aber letztlich entscheide offenbar in der Staatsregierung der Ministerpräsident und der Finanzminister.
Enttäuscht ist Zerrle vor allem über die Höhe der Kürzungsmaßnahmen, die jetzt im Sozialbereich wirksam würden. Es gebe auch keine „vernünftige Zeitschiene“, um manche der Sparmaßnahmen, die vielleicht noch verkraftbar wären, umzusetzen. „Von heute auf morgen ist das nicht machbar“, klagte der Caritasdirektor. Viele bewährte Strukturen würden zerstört, „ganz zu schweigen davon, dass wir jetzt konkret auch Mitarbeitern tatsächlich kündigen müssen, wenn die staatlichen Zuschüsse für die betroffenen Einrichtungen und Dienste ganz wegfallen.“
Prälat Zerrle forderte mehr Solidarität mit den Schwächeren. Die müsse von den Stärkeren kommen, und zwar nicht nur auf dem Papier, sondern in der Realität. Wenn beispielsweise jetzt in Werkstätten für Behinderte die Löhne abgesenkt werden sollten, um Kosten zu sparen, sei das eine große Ungerechtigkeit: „Man kann nicht nur von den Schwächsten Solidarität fordern“. Sie müsse auch bei der Gestaltung des Steuerrechts und bei der Konsolidierung der Sozialversicherungen konkretisiert werden. Jeder solle nach seinen Leistungsmöglichkeiten belastet werden. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer mache allerdings keinen Sinn, weil sie Familien mit Kindern am stärksten belaste, die ohnehin schon überproportional belastet seien. Aber eine Anhebung der Erbschaftssteuer oder die Wiedereinführung der Vermögenssteuer auf sehr große Vermögen könne er sich sehr wohl vorstellen. (wr)