Diözesanräte und Kirchenzeitungen starten Unterschriftenaktion
Landeskomitee der Katholiken verlangt Gesetzesänderung
München, 28. Dezember 2004 (ILK) Zahlreiche Diözesanräte und Kirchenzeitungen deutscher Bistümer beteiligen sich an einer deutschlandweiten Kampagne und Unterschriftenaktion gegen Spätabtreibungen. Spätabtreibungen seien besonders grausam, weil sie nach geltendem Recht bis unmittelbar vor einer Geburt durchgeführt werden dürften, heißt es in einem in großer Zahl über die Kirchenpresse, die katholischen Pfarrgemeinden und kirchlichen Verbände verbreiteten Aufruf zu der Aktion. Die Unterschriftenlisten sollen im Februar 2005 den Fraktionen der im Bundestag vertretenen Parteien übergeben werden.
Die Initiative für die Unterschriftenaktion geht vom Katholikenrat des Bistums Speyer aus. In dem Aufruf heißt es: „Wir lehnen Spätabtreibungen entschieden ab und fordern den Gesetzgeber dazu auf, diesen unhaltbaren Zustand endlich zu beseitigen.“ Dies gelte insbesondere für die Fälle, in denen das Leben der Mutter nicht akut bedroht sei. Die absehbare Behinderung eines Kindes dürfe kein Grund für einen Schwangerschaftsabbruch sein. Auch dürfe die Geburt eines behinderten Kindes rechtlich nicht als Schaden gelten. Möglichkeiten einer vorgeburtlichen Diagnostik müssten verantwortungsbewusst eingesetzt werden. Eltern, die darauf verzichteten, dürfe deswegen kein Nachteil entstehen. Die Aktion ist nach Angaben ihrer Initiatoren „offen für ökumenische Kooperationen“.
Die Kampagne mit der Unterschriftenaktion wird in Bayern vom Landeskomitee der Katholiken unterstützt. Damit sollten eine Änderung der bisherigen gesetzlichen Regelung bewirkt und die Hilfs- und Beratungsangebote für Eltern ausgeweitet werden, die sich für ein behindertes Kind entschieden, erklärte der Vorsitzende des Landeskomitees, Helmut Mangold, am Dienstag, 28. Dezember, in München. Das jetzt für Spätabtreibungen geltende Recht biete einen „nur schwer zu kontrollierenden Interpretationsspielraum“, der häufig zu Lasten behinderter Kinder ausgedehnt werde. Im übrigen würden dadurch auch die Ansprüche des Gesetzgebers an eine qualitativ hochwertige Beratung unterlaufen.
Mangold wies auf zwei Begründungszusammenhänge für einen nicht rechtswidrigen Schwangerschaftsabbruch hin, die im Strafgesetzbuch angeführt seien (StGB, § 218a, Absatz 2). Der Paragraph sehe vor, dass neben einer Lebensgefahr für die schwangere Frau auch „die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren“ ohne Einhaltung von Fristen und sogar ohne jede Beratung durch einen Schwangerschaftsabbruch abgewendet werden könne. Auch das Arzthaftungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) muss nach Mangolds Auffassung geändert und höchstrichterlicher Rechtsprechung angepasst werden. Das Bundesverfassungsgericht habe in Leitsatz 14 seines Urteils vom 28. Mai 1993 die rechtliche Bewertung des Daseins eines Kindes als Schadensquelle ausdrücklich ausgeschlossen und erklärt, es verbiete sich, „die Unterhaltspflicht für ein Kind als Schaden zu begreifen“. Der Vorsitzende des Landeskomitees kritisierte generell die in Deutschland geltende Abtreibungsregelung. Selbst in Fällen, in denen eine Fristsetzung und die Beratungspflicht griffen, befinde sich das ungeborene Kind in einer denkbar schwachen Position. (wr)